Zukunftsfinanzierung made in Germany – ein Update

    Am 17. August 2023 wurde der mit Spannung erwartete Regierungsentwurf (RegE) zum sogenannten Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) veröffentlicht. Dem vorausgegangen war der Referentenentwurf (RefE) vom 12. April 2023 (siehe unseren Newsletter zu den wesentlichsten Änderungen hier). Das ZuFinG soll insbesondere den deutschen Finanzmarkt und den Standort Deutschland für nationale und internationale Unternehmen attraktiver machen. Dies gilt vor allem für Wachstumsunternehmen, Start-ups und kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

    Zahlreiche Änderungsvorschläge aus dem Referentenentwurf wurden ohne wesentliche Anpassungen im Regierungsentwurf übernommen. Darunter insbesondere:

    • Erhöhung des Maximalumfangs eines vereinfachten Bezugsrechtsauschlusses bei Barkapitalerhöhungen von 10 % auf 20 % des Grundkapitals (§ 186 Abs. 3 S. 4 AktG-RegE); 
    • Erhöhung des Maximalvolumens für ein bedingtes Kapital zur Vorbereitung eines Unternehmenszusammenschlusses (§ 192 Abs. 2 Nr. 2 AktG) von 50 % auf 60 % und für ein bedingtes Kapital zur Gewährung von Bezugsrechten an Arbeitnehmer und Geschäftsleitungsmitglieder (§ 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG) von 10 % auf 20 % des Grundkapitals (§ 192 Abs. 3 S. 1 AktG-RegE); 
    • Implementierung des DLT-Pilot-Regimes durch Bestimmung der BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde gem. Art. 12 DLT-Pilot-Regime sowie durch Klarstellung, dass DLT-Marktinfrastrukturen zur Erbringung von Tätigkeiten, für die sie eine Erlaubnis unter dem DLT-Pilot-Regime haben, keine weitere Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz oder dem Wertpapierinstitutsgesetz benötigen; und
    • Erleichterungen in der Kommunikation mit der Aufsicht durch Ersetzung bzw. Ergänzung der Schriftformerfordernisse durch digitale Kommunikationsmöglichkeiten und die Ermöglichung englischsprachiger Kommunikation (mit Ergänzungen an wenigen, bislang unberücksichtigten Stellen).

    Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die wesentlichsten Änderungsvorschläge im Regierungsentwurf zum ZuFinG im Vergleich zum Referentenentwurf. 

    Eigenkapitalgewinnung

    Mehrstimmrechtsaktien

    Die weiterhin geplante Möglichkeit, Namensaktien per einstimmigem Beschluss der Hauptversammlung (HV) mit maximal zehnfachem Mehrfachstimmrecht auszugeben, wird im RegE mit einigen weiteren Restriktionen versehen, die im RefE noch nicht vorgesehen waren:

    • Erlöschen des Mehrfachstimmrechts nicht nur nach Aktienübertragung oder zehnjähriger Börsennotierung der Gesellschaft, sondern auch nach zehnjähriger Einbeziehung in einen Freiverkehr (§ 135a Abs. 2 S. 1, 2 AktG-RegE);
    • Verlängerung der Zehn-Jahres-Frist weiterhin nur durch Dreiviertel-Kapitalmehrheit in der HV (§ 135a Abs. 2 S. 4 AktG-RegE); darüber hinaus Erfordernis von Sonderbeschlüssen in jeder Gattung stimmberechtigter Aktien (§ 135a Abs. 2 S. 6, 7 AktG-RegE);
    • Keine Geltung des Mehrfachstimmrechts bei HV-Beschlüssen über die Bestellung von Abschluss- und Sonderprüfern (§ 135a Abs. 4 AktG-RegE);
    • Keine Ausgabe von Mehrstimmrechtsaktien durch den Vorstand im Rahmen eines genehmigten Kapitals (§ 202 Abs. 1 AktG-RegE).

    Terminologisch sollen Aktien mit Mehrfachstimmrecht künftig auch unter den Begriff der „Vorzugsaktien“ fallen (§ 12 S. 2 AktG-RegE). Bislang stand dieser Begriff nur für stimmrechtslose Aktien mit dividendenbezogenen Sonderrechten (§ 139 AktG).

    In den ebenfalls im Vergleich zum RefE erweiterten Erläuterungen zum RegE findet sich nun die Erwartung, dass ein Erlöschen des Mehrfachstimmrechts wegen Übertragung sowohl durch rechtsgeschäftliche als auch durch gesetzliche Verfügungen, einschließlich erbrechtlicher Gesamtrechtsnachfolgen, ausgelöst werde. Der Übertragungsbegriff sei insofern weit zu verstehen.

    An anderer Stelle gehen die Erläuterungen auf die zwischenzeitlich geäußerten Befürchtungen ein, das Erlöschen von Mehrfachstimmrechten könne zu Stimmrechtsverschiebungen führen, die den Anteil einzelner Aktionäre über die Kontrollschwelle nach § 29 Abs. 2 WpÜG schieben und damit ein Pflichtangebot nach § 35 WpÜG auslösen könne. In diesen Fällen, so heißt es in den Erläuterungen, könnten betroffene Aktionäre gemäß § 37 WpÜG, § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-AngebV von der Angebotspflicht befreit werden.

    Ausgabebetrag neuer Aktien bei Kapitalerhöhungen 

    Wie der RefE sieht auch der RegE ein neues Rechtsschutzsystem für den Fall vor, dass Altaktionäre eine bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhung angreifen und sich dabei auf einen zu niedrigen Ausgabepreis berufen. Der RegE enthält hierfür ein ausführlicheres und differenzierteres Konzept als der RefE:

    • Wird die Kapitalerhöhung direkt von der HV beschlossen und ein vereinfachter Bezugsrechtsausschluss (§ 186 Abs. 3 S. 4 AktG) gewählt, soll für Altaktionäre weiterhin eine Beschlussmängelklage möglich sein (§ 255 Abs. 1, 2 AktG-RegE).
    • Wird die Kapitalerhöhung direkt von der HV beschlossen und das Bezugsrecht in anderer Weise als nach § 186 Abs. 3 S. 4 AktG ausgeschlossen, soll eine Beschlussmängelklage ausgeschlossen sein. Stattdessen soll den Altaktionären ein Ausgleichsanspruch zustehen, der grundsätzlich in bar zu erfüllen ist (§ 255 Abs. 4 AktG-RegE). Im Kapitalerhöhungsbeschluss kann allerdings bestimmt werden, dass anstelle einer Barleistung zusätzliche Aktien gewährt werden (§§ 255a, 255b AktG-RegE). Nachgebildet ist diese Ersetzungsbefugnis den zum 1. März 2023 mit dem Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG) eingeführten Regelungen in §§ 72a, 72b UmwG über die Gewährung zusätzlicher Aktien bei Verschmelzungen. Zur Kontrolle soll jeweils das Spruchverfahren eröffnet sein (§§ 1, 10a SpruchG-RegE).
    • Wird die Kapitalerhöhung durch den Vorstand per genehmigtem Kapital beschlossen (§§ 202 ff. AktG), sollen weder eine Beschlussmängelklage noch das (im RefE noch vorgesehene) Spruchverfahren eröffnet sein.
    • Für die Frage, ob der Ausgabepreis zu niedrig ist, stellt der RegE wie der RefE bei börsennotierten Gesellschaften grundsätzlich auf einen Abgleich mit dem volumengewichteten Börsenkurs der Aktien in einem dreimonatigen Referenzzeitraum vor der Entscheidung über die Kapitalerhöhung ab (§ 255 Abs. 4 AktG-RegE, § 5 WpÜG-AngebV). Neu aufgenommen wurde im RegE eine Sonderbestimmung für den Fall, dass dieser Referenzkurs den Börsenkurs am Tag der Entscheidung über die Kapitalerhöhung übersteigt. In diesem Fall soll der niedrigere Börsenkurs entscheidend sein (§ 255 Abs. 4 S. 5 AktG-RegE).

    Mit den vorgenommenen Änderungen kommt der RegE einigen kritischen Stimmen entgegen, die auf Grundlage des RefE z. B. neue Hindernisse für Kapitalerhöhungen aus genehmigtem Kapital und in Sanierungssituationen befürchtet hatten.

    SPACs

    SPACs (Special Purpose Acquisition Companies, dt. Börsenmantelaktiengesellschaft) stellen eine neue Rechtsformvariante der Aktiengesellschaft dar. Diese wird zunächst ohne operative Geschäftstätigkeit errichtet, um mittels eines Börsenganges Kapital einzusammeln, um dann zukünftig eine nicht börsennotierte (Ziel-)Gesellschaft zu erwerben. Erforderlich wurde ihre Kodifizierung, da diese praxisrelevante Gestaltungsform mit den aktienrechtlichen Grundsätzen der Kapitalaufbringung und -erhaltung de lege lata unvereinbar ist.

    Die Regelungen der Börsenmantelaktiengesellschaft (BMAG) wurden vom RegE im Wesentlichen vom RefE übernommen.

    Hinzu kamen einige ergänzende Regelungen, die der Klarstellung dienen. Der neu hinzugefügte § 44 Abs. 8 BörsG-RegE setzt zunächst voraus, dass auch eine Europäische Aktiengesellschaft (SE) eine BMAG sein kann. Darüber hinaus ist in diesem Falle ab einer Schwelle von zehn Arbeitnehmern ein Verhandlungsverfahren nach dem SE-Beteiligungsgesetz durchzuführen.

    § 47b Abs. 1 BörsG-RegE wurde insoweit ergänzt, als dass der Ablauf der gem. § 44 Abs. 3 BörsG-RegE bestimmten Frist der Gesellschaft keinen Auflösungsgrund der Gesellschaft als auch keinen Grund für einen Widerruf der Börsenzulassung darstellt, wenn die durch die Zieltransaktion erworbenen Vermögenswerte, namentlich das zu erwerbende Unternehmen, und die Bedienung der ausgeübten Andienungsrechte mindestens 80 Prozent des Wertes der Einlagen der BMAG ausmachen.

    Für den Fall, dass der Wert hierhinter zurückbleibt, droht mit Fristablauf weiterhin die Auflösung der Gesellschaft und der Widerruf der Börsenzulassung der nicht in eine AG umgewandelten BMAG.

    Letztlich bestimmt der ergänzte § 47b Abs. 2 S. 2 BörsG-RegE, dass im Falle einer Umwandlung der BMAG in eine AG durch eine Satzungsänderung dem Antrag auf deren Eintragung ein Beleg (nach § 37 Abs. 1 S. 3 AktG) über die Übertragung der Gelder vom Treuhandkonto auf die Gesellschaft zur freien Verfügung des Vorstands beizufügen ist. Hierdurch wird sichergestellt, dass vor einer Umwandlung in die AG ein mit § 36 Abs. 2 AktG vereinbarter Zustand hergestellt wird und die Gründungsvoraussetzungen der AG vorliegen.

    Angesichts der Tatsache, dass aktuell keine SPAC-Transaktionen stattfinden, bleibt abzuwarten, ob die vorgeschlagenen Regelungen praktisch relevant werden. Da es für den deutschen Markt ein etabliertes Konzept mit einer luxemburgischen Gesellschaft als SPAC gibt, ist ungewiss, ob im Falle einer Wiederbelebung des SPAC-Marktes tatsächlich auf die neugeschaffene Rechtsform zurückgegriffen wird.

    Digitalisierung am Kapitalmarkt

    E-Aktie

    Die Änderungen des eWpG, die durch den RefE zum ZuFinG in Aussicht gestellt wurden, um die elektronische Aktie zu implementieren, werden im RegE teilweise weiter konkretisiert und ergänzt. Des Weiteren werden einige wenige neue Bestimmungen aufgenommen.

    Da die Satzung einer Aktiengesellschaft für jedermann im Handelsregister abrufbar ist, bestimmt § 5 Abs. 5 eWpG-RegE, dass diese im Rahmen der Emission einer elektronischen Aktie nicht bei der registerführenden Stelle niederzulegen ist. Weiter werden die Vorschriften des eWpG, die auf die begleitenden Emissionsbedingungen Bezug nehmen, angepasst, da es bei Aktienemissionen üblicherweise keine solchen begleitenden Emissionsbedingungen gibt. Stattdessen soll in diesem Fall im Rahmen dieser Vorschriften auf die Satzung der Aktiengesellschaft Bezug genommen werden (vgl. §§ 8 Abs. 2, 16 Abs. 2 S. 3 eWpG-RegE).

    Hinsichtlich der Veröffentlichungspflicht für Kryptowertpapiere statuiert § 20 eWpG-RegE abweichend von der bisherigen Regelung, dass die Veröffentlichungen zu Kryptowertpapieren nicht mehr im Bundesanzeiger vorzunehmen sind, sondern lediglich durch eine unverzügliche Mitteilung an die BaFin zu erfolgen haben. Hintergrund dieser Änderung soll ausweislich der Begründung eine Verringerung des bürokratischen Aufwands für die Emittentin sein. Diese Änderung soll am 1. November 2025 in Kraft treten.

    Weiterhin wird in § 21 eWpG-RegE klarstellend eingefügt, dass eine Zurechnung des Verschuldens der registerführenden Stelle an die Emittentin grundsätzlich nur im Falle eines Auswahlverschuldens der Emittentin erfolgen soll.

    Nachdem der RefE in § 30a eWpG-RefE bereits in Aussicht stellte, dass das Aktienregister und das elektronische Wertpapierregister von derselben Entität geführt werden können, wird § 30a eWpG-RegE nunmehr dahingehend erweitert, dass der Emittentin im Fall eines Wechsels des elektronischen Wertpapierregisters (vgl. § 22 eWpG) ein fristloses Kündigungsrecht zukommt. Hierdurch soll ein Auseinanderfallen von elektronischem Wertpapierregister und Aktienregister vermieden werden.

    Auch innerhalb des AktG sieht der RegE Anpassungen in Bezug auf die elektronische Aktie vor. So ist in § 10 Abs. 6 AktG-RegE der Wortlaut dahingehend verschärft worden, dass eine Begebung von elektronischen Aktien in Form einer Kryptoaktie nur zulässig ist, wenn diese für eine Eintragung in ein Kryptowertpapierregister im Sinne des § 16 eWpG explizit in der Satzung zugelassen ist. Im Fall, dass die Satzung nur die allgemeine Eintragungsmöglichkeit in ein elektronisches Wertpapierregister benennt, sind dann nur zentrale Wertpapierregister erfasst.

    Eine weitere, grundlegendere Änderung sieht der RegE in § 1 Abs. 1 S. 3 DepotG-RegE vor. In diesem wird klargestellt, dass der Anwendungsbereich des DepotG für nach ausländischem Recht elektronisch begebene, vertretbare Wertpapiere geöffnet werden soll. Diese Erweiterung des Anwendungsbereichs ist im Zusammenhang mit dem ebenfalls neu eingefügten § 9c DepotG-RegE zu sehen, der bestimmt, dass solche Wertpapiere, sofern sie von einer Wertpapiersammelbank zur Sammelverwahrung zugelassen sind (§ 5 Abs. 1 DepotG), als Sammelbestandteil gelten. Durch die Einbeziehung werden diese für die Zwecke des DepotG als Sachen behandelt und dem Effektengiroverkehr zugänglich gemacht. Gleichzeitig wird in der Gesetzesbegründung angekündigt, dass diese Lösung und die grundsätzliche Sinnhaftigkeit der Behandlung von Wertpapieren als Sachen im Rahmen einer umfassenden Reform des deutschen Wertpapier- und Depotrechts zukünftig überprüft werden soll.

    Schutz des Kundenvermögens im Kryptobereich

    Durch die europäische Markets in Crypto-assets Regulation (Verordnung (EU) 2023/1114 – MiCAR) wird für den Kryptosektor ab dem 30. Dezember 2024 ein umfassendes neues Regime gelten, das europaweit einheitliche Regelungen für Kryptowerte enthält. 

    Deutschland hat mit einigen Regelungen für Kryptowerte und der Einführung der Finanzdienstleistung des Kryptoverwahrgeschäfts bisher einen Sonderweg beschritten, der zwar einen klaren Rechtsrahmen setzt, aber noch die ein oder andere Lücke aufweist. Der RefE sah zur Schaffung von Rechtsklarheit insb. bzgl. des Schutzes des von Kryptoverwahrern verwahrten Kundenvermögens sowie im Hinblick auf den Umgang mit Kryptowerten in deren Insolvenz einige Regelungen vor, die den anstehenden Vorgaben der MiCAR, wie beispielsweise Art. 75 MiCAR, vorgreifen. Kryptoverwahrer werden nach § 26b KWG künftig verpflichtet, die verwahrten Werte und die privaten kryptographischen Schlüssel getrennt von eigenen Werten und Schlüsseln und solchen anderer Kunden zu verwahren. Der RegE hat diese Anpassungen weitestgehend übernommen. Im Vergleich zum RefE wird im Hinblick auf das nunmehr kodifizierte Aussonderungsrecht des Kunden im Falle der Insolvenz des die Kryptowerte verwahrenden Instituts ergänzend klargestellt, dass dieser die Kosten der Aussonderung tragen muss, sofern er nicht der Übertragung des vom Institut verwahrten Gesamtbestands oder wesentlicher Teile dessen auf einen vom Insolvenzverwalter bestimmten Kryptoverwahrer zustimmt. Zur Entlastung der Kunden wird allerdings auch eine Ausnahmeregelung für den Fall der Unzumutbarkeit der Konditionen des neuen Kryptoverwahrers eingeführt. Eine solche Unzumutbarkeit liegt laut Gesetzesbegründung bspw. vor, wenn der neue Kryptoverwahrer weniger Sicherheit bietet oder die von ihm erhobenen Verwahrentgelte im direkten Marktvergleich unverhältnismäßig hoch sind.

    Haftungsregelungen bei Informationsblättern für Schwarmfinanzierungen 

    Um die Attraktivität der Schwarmfinanzierung zu erhöhen, sollen die Haftungsregeln für Anlagebasisinformationsblätter (Key Investment Information Sheets – KIIS) im Zusammenhang mit Schwarmfinanzierungsprojekten (§§ 32c ff. Wertpapierhandelsgesetz) an die Haftungsregime für Wertpapierinformationsblätter (WIB) nach Wertpapierprospektgesetz sowie Vermögensanlageinformationsblätter (VIB) nach Vermögensanlagengesetz angepasst werden. Entgegen der im RefE noch verschuldensunabhängig (allerdings mit Exkulpationsmöglichkeit) ausgestalteten Haftung der Schwarmfinanzierungsdienstleister für fehlerhafte oder fehlende Angaben im KIIS sieht der RegE nunmehr eine Haftung nur dann vor, wenn der Schwarmfinanzierungsdienstleister die fehlerhaften bzw. fehlenden Angaben zumindest fahrlässig verursacht hat. Ziel der Änderungen insgesamt ist die Verbesserung der Position des Anlegers auf der Rechtsfolgenseite im Hinblick auf Rechtssicherheit, Vorhersehbarkeit und etwaige Prozessrisiken.

    (Finanz-)Standort Deutschland

    Finanzverträge in der AGB-Kontrolle

    Auch die AGB-Bereichsausnahme für Finanzverträge zwischen Finanzunternehmern wurde überarbeitet. Zur Erinnerung: Der RefE des ZuFinG sah in einem neuen § 310 Abs. 1a BGB-RefE vor, dass Verträge über bestimmte Finanzgeschäfte, vor allem von Banken und anderen Finanzdienstleistern, von der Inhaltskontrolle nach §§ 307 und 308 Nr. 1a und 1b BGB ausgenommen werden, um eine rechtssichere Verwendung international üblicher Vertragsmuster und -standards zu fördern. 

    Die Bereichsausnahme im RegE im Gegensatz zum RefE setzt nun nicht mehr voraus, dass der Finanzunternehmer über eine entsprechende Erlaubnis verfügt und beaufsichtigt ist. Es ist ausreichend, dass die vertragsschließenden Unternehmer solche Geschäfte generell bzw. das konkrete Geschäft rechtmäßig gewerbsmäßig tätigen dürfen. Soweit Parteien im Ausland ansässig sind, in denen entsprechende Erlaubnistatbestände nicht bestehen, fallen sie aufgrund dieser Änderung im Gegensatz zum RefE nun nicht mehr aus dem persönlichen Anwendungsbereich.

    Zu den von der Bereichsausnahme betroffenen Geschäften zählen nun auch Geschäfte von Kapitalverwaltungsgesellschaften nach § 20 Abs. 2 und 3 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) sowie Geschäfte von Börsen und ihren Trägern. Letzteres umfasst etwa den Betrieb eines Freiverkehrs oder eines organisierten Handelssystems. 

    In den persönlichen Anwendungsbereich einbezogen sind nun auch die Bundesbank, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, Stellen der öffentlichen Schuldenverwaltung und Abwicklungsanstalten sowie Weltbank, IWF, EZB, EIB und andere vergleichbare internationale Finanzorganisationen. 

    Eine weitere Anpassung erfolgte im Hinblick auf die Kriterien zur Bestimmung großer Finanzunternehmer, die ebenfalls in den persönlichen Anwendungsbereich fallenAusweislich des RegE ist nun ausreichend, dass in den zwei Kalenderjahren vor Vertragsschluss zwei der drei folgenden Merkmale erfüllt sind: 

    • im Jahresdurchschnitt mindestens 250 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer;
    • Umsatzerlöse von mehr als EUR 50;000,000;
    • eine Bilanzsumme von mehr als EUR 43,000,000.

    Bei ausreichend hohen Umsatzerlösen/Bilanzsummen ist die Anzahl der Arbeitnehmer somit unerheblich.

    Die Regelung zum zeitlichen Anwendungsbereich bleibt unverändert. Der neue Absatz 1a) soll weiterhin lediglich für Neugeschäft gelten. In der Begründung liefert der RegE darüber hinaus eine jedoch nur in Teilen hilfreiche Klarstellung. Regelungen einer vor Inkrafttreten von § 310 Abs. 1a BGB abgeschlossenen Rahmenvereinbarung, welche in einen neuen Einzelabschluss einbezogen werden, unterfallen der Bereichsausnahme. Im Hinblick auf Altgeschäfte würden die Regelungen der Rahmenvereinbarung allerdings der AGB-Kontrolle unterliegen. 

    Klarstellungen bzgl. der Lizenzpflicht für Datenbereitstellungsdienste

    Der RegE fügt außerdem eine Klarstellung im Hinblick auf die Lizenzpflicht für Datenbereitstellungsdienste nach dem Kreditwesengesetz ein. Diese Pflicht gilt nur für Datenbereitstellungsdienste, die unter die nationale Zulassungspflicht gemäß Art. 2 Abs.3 Unterabs. 1 der MiFIR fallen und nicht durch die ESMA beaufsichtigt werden. Begleitet wird diese Klarstellung durch die Ergänzung eines entsprechenden Straftatbestands in § 54 Abs. 1 Nr. 3 KWG als ergänzende Umsetzung des Art. 27b MiFIR i.V.m. Art. 70 Abs. 4 lit. b) MiFID.

    Geldwäscherechtliche Regelungen für Korrespondenzbeziehungen 

    Eine weitere neue Änderung durch den RegE bezieht sich auf die Anpassung der Definition der Korrespondenzbeziehung im Geldwäschegesetz. Diese wird an den Wortlaut der Definition in Art. 3 Abs. 8 der 4. Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/849) angeglichen, die nach aktuellem Stand wortlautidentisch in die aktuell verhandelte EU-Geldwäscheverordnung (COM(2021) 420 final) übernommen werden soll. Mit der Änderung wird klargestellt, dass auch Nichtbanken als Korrespondenzinstitute bzw. Respondenten behandelt werden können. Der Anwendungsbereich für Korrespondenzbeziehungen wird dadurch weiter, sodass Banken nunmehr auch mit Zahlungsinstituten und E-Geldinstituten Korrespondenzbeziehungen eingehen können bzw. umgekehrt, soweit sich die Korrespondenzbeziehung auf ein vergleichbares Geschäft bezieht. Eine solche Korrespondenzbeziehung führt insbesondere im internationalen Zahlungsverkehr dazu, dass das Institut nicht den ausländischen Empfänger oder Auftraggeber einer Zahlung geldwäscherechtlich prüft, sondern nach einer systemischen Prüfung der entsprechenden Prozesse des Korrespondenzinstituts darauf abstellt, dass der Korrespondent eine solche Prüfung vornimmt. Dies dürfte gerade bei innovativen und digitalen Zahlungsmodellen die oft nicht nur von Banken betrieben werden, zu Erleichterungen führen. Dennoch muss berücksichtigt werden, dass insbesondere bei solchen Modellen das Geldwäscherisiko bei Transkationen mit Auslandbezug grundsätzlich höher sein dürfte.

    Steuerrecht

    Auch in steuerrechtlicher Hinsicht hat der nun beschlossene RegE des Zukunftsfinanzierungsgesetzes weiteren Schliff bekommen. Über die wesentlichen steuerlichen Änderungen zur Förderung von Mitarbeiterbeteiligungen und zur Ausweitung der umsatzsteuerlichen Befreiungstatbestände auf die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten durch Kreditgeber haben wir bereits in unserem Newsletter vom 12. April 2023 ausführlich berichtet. Im Folgenden stellen wir die wesentlichen Änderungen des RegE im Vergleich zum RefE aus steuerlicher Perspektive überblicksartig dar:

    • Während der RefE vorsah, den Freibetrag, nach dem der Vorteil des Arbeitnehmers aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung bestimmter Vermögensbeteiligungen steuerfrei ist, von derzeit 1.440 EUR auf 5.000 EUR pro Kalenderjahr zu erhöhen, hält es der Gesetzgeber nunmehr für angezeigt, diese steuerliche Begünstigung wieder einzuschränken. Nach Behauptung der Bundesregierung sollen so unerwünschte Gestaltungen zur Lohnoptimierung verhindert werden. Künftig sind daher Vermögensbeteiligungen, soweit der Vorteil 2.000 EUR im Kalenderjahr übersteigt, nur steuerfrei, wenn die Beteiligungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.
    • Der Kreis von Unternehmen, die Mitarbeiterbeteiligungen an ihre Mitarbeiter nach § 19a EStG steuerlich begünstigt ausgeben können, wird durch den RegE erfreulicherweise nochmals erweitert. So ist vorgesehen, die maßgeblichen Schwellenwerte, bis zu denen die Vergünstigungen greifen, von bisher 500 auf 1000 Mitarbeiter zu erhöhen.
    • Die im RefE noch vorgesehene Möglichkeit, Einkünfte aus der vergünstigten Überlassung von Mitarbeiterbeteiligungen auf Ebene der Arbeitnehmer mit einem pauschalierten Lohnsteuersatz von 25% zu versteuern, wurde demgegenüber leider gestrichen.

    Energiewende für Investmentfonds

    Im Vergleich zum RefE sieht der RegE des ZuFinG für den Fondsbereich im Zusammenhang mit den Erneuerbaren-Energien-Anlagen (EEG-Anlagen) im Wesentlichen weitere Klarstellungen vor. Im Fokus stehen demnach weiterhin die Änderungsvorschläge zum KAGB betreffend offene Immobilien-Sondervermögen nach §§ 230 ff. KAGB sowie (erstmalig) geschlossene inländische Publikums-AIF nach §§ 261 ff. KAGB. Wie bereits der RefE, führen auch die im RegE vorgenommenen Klarstellungen zur Auflösung einiger praktischer Zweifelsfragen im Zusammenhang mit dem Erwerb und Betrieb von EEG-Anlagen durch Investmentfonds.

    Im Vergleich zum RefE sieht der RegE folgende Änderungen / Klarstellungen im Zusammenhang mit den EEG-Anlagen vor:

    • eine Änderung der Definition von Immobilien-Gesellschaften im § 1 Abs. 19 Nr. 22 KAGB, in der nun im Hinblick auf die Bewirtschaftungsgegenstände auf den § 231 Abs. 3 KAGB-RegE verwiesen und ein Gleichlauf der verwendeten Begrifflichkeiten hergestellt wird;
    • eine Vereinheitlichung der Bezugnahmen auf EEG-Anlagen in §§ 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a, Abs. 3, 260b Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 4, 261 Abs. 2 Nr. 4, 284 Abs. 2 Nr. 2 lit. k) KAGB-RegE, die nun konsistenterweise neben der Erzeugung, dem Transport und der Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien auch deren Umwandlung erfassen;
    • eine Klarstellung in § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a KAGB-RegE, dass neben dem Erwerb von Grundstücken, auf denen EEG-Anlagen künftig errichtet werden sollen, auch der Erwerb von Grundstücken, auf denen EEG-Anlagen im Zeitpunkt des Erwerbs bereits errichtet wurden bzw. gerade errichtet werden, ermöglicht wird. Die künftige Errichtung soll dabei „alsbaldig“ sein. Die bereits im RefE (für offene Publikums-Immobilien-Sondervermögen) enthaltene Erwerbsgrenze von 15% des Wertes des Sondervermögens blieb im RegE unverändert;
    • im § 231 Abs. 3 KAGB-RegE wurde nun die Bezugnahme auf Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder Elektrofahrräder durch Ladestationen für Elektromobilität ersetzt;
    • der Vorschlag des RefE zur Einführung des § 231 Abs. 6 KAGB-RefE, wonach Kapitalverwaltungsgesellschaften offener Immobilien-Sondervermögen die EEG-Anlagen betreiben dürfen, blieb unverändert. Insbesondere sieht der RegE hierfür weiterhin keine Beschränkungen vor. Insofern ist nach wie vor der Zusammenhang mit den entsprechenden gewerbe- und investmentsteuerrechtlichen Regelungen zu beachten, die für den unmittelbaren oder mittelbaren Betrieb von EEG-Anlagen bestimmte Beschränkungen vorsehen. So wurde auch mit Blick auf die häufig als sog. Spezial-Investmentfonds i.S.v. § 26 Investmentsteuergesetz (InvStG) qualifizierenden Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen nach § 284 KAGB die Anhebung der bisherigen 10%-Grenze für Einnahmen aus Stromerzeugung bzw. -lieferung aus EEG-Anlagen im Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung von Immobilien im § 26 Nr. 7a InvStG auf 20% erwartet. Der diese Änderung beinhaltende Entwurf des sog. Wachstumschancengesetzes wurde in der betreffenden Kabinettsitzung jedoch wider Erwarten nicht verabschiedet;
    • schließlich sieht der RegE für geschlossene Publikums-AIF (erstmalig) den neuen § 261 Abs. 8 KAGB-RegE vor, wonach Kapitalverwaltungsgesellschaften geschlossener Publikums-AIF die EEG-Anlagen nach § 261 Abs. 2 Nr. 4 KAGB betreiben dürfen. Die Begründung geht insofern lediglich von einer Klarstellung aus, die von vornherein etwaige Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der Einführung des § 231 Abs. 6 KAGB-RegE ausräumen soll. Im Fall von offenen Immobilien-Sondervermögen wäre der Betrieb von EEG-Anlagen allerdings eine komplementäre Tätigkeit zur Immobilienverwaltung, während er bei in EEG-Anlagen investierenden geschlossenen Publikums-AIF zur Haupttätigkeit werden könnte. Dies könnte weitere Fragen zur dogmatischen Einordnung der Regelung aufwerfen.

    Ausblick

    Mit der Vorlage des RegE kann nun das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren beginnen. Dem Vernehmen nach ist ein Inkrafttreten des neuen Gesetzes zum Jahresbeginn 2024 geplant.

     

     

    Back to top