DAC 9 – EU-Kommission legt Entwurf für Meldepflichten und Informationsaustausch unter Pillar 2 vor
Hintergrund und Ziel von DAC 9
Die EU-Kommission hat am 28.10.2024 einen neuen Richtlinienvorschlag (en) zur Überarbeitung der Amtshilferichtlinie (sog. DAC 9) veröffentlicht. Ziel des Vorschlags ist es, die Bestimmungen des Art. 44 der Mindestbesteuerungsrichtlinie (MinStRL, EU 2022/2523) umzusetzen und die mit der Mindeststeuer einhergehenden Berichtspflichten der Unternehmen zu vereinfachen. Art. 44 MinStRL enthält Vorgaben zu den Erklärungspflichten von multinationalen Unternehmen, u.a. welche Angaben ein Mindeststeuer-Bericht enthalten muss und in welcher Form ein solcher abzugeben ist.
Die Anpassungen verfolgen zwei Ziele. Einerseits dient DAC 9, wie dargestellt, der Umsetzung von Art. 44 MinStRL, indem einheitliche Meldepflichten für multinationale Unternehmen geschaffen werden. Andererseits soll sie den Anwendungsbereich des automatischen Informationsaustauschs zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten auf, die für Zwecke der Mindeststeuer eingereichten Berichte erweitern. Zwar besteht auf internationaler Ebene mit dem GloBE Information Return („GIR“) bereits ein gemeinsamer Ansatz für die Gewinnung von Informationen und deren Austausch im Rahmen von Pillar 2. Aufgrund der fehlenden rechtlichen Bindung dieser Vorgaben ist nach Auffassung der Kommission eine bindende EU-weite Umsetzung erforderlich, um zu vermeiden, dass die nationalen Gesetzgeber unterschiedliche Meldepflichten einführen. Die Überführung des GIR in Unionsrecht soll nach Auffassung der Kommission die Rechtssicherheit und -klarheit fördern und den Verwaltungsaufwand verringern.
Übermittlung von Informationen
Ein neuer Art. 8ae soll einen Rahmen für den Austausch von Mindeststeuer-Berichten schaffen. Dabei soll grundsätzlich folgendes Konzept zur Informationsgewinnung und -verbreitung gelten:
- Der Mitgliedstaat der obersten Muttergesellschaft (oder einer anderen berichtspflichtigen Geschäftseinheit) erhält den Mindeststeuer-Bericht. Dieser ist nach der im Anhang der Richtlinie beigefügten Vorlage zu befüllen. Nach dem Willen der Kommission soll der Mindeststeuer-Bericht in jedem Staat möglichst nur bei einer Behörde einzureichen sein. In Deutschland übernimmt dies das BZSt gem. § 75 Abs. 1 Satz 1 MinStG.
- Mitgliedstaaten, die alle Ergänzungssteuerarten (PES, SES, NES) implementiert haben, erhalten den vollständigen allgemeinen Teil der Steuererklärung,
- Mitgliedstaaten, die nur eine nationale Ergänzungssteuer implementiert haben und in denen Geschäftseinheiten der multinationalen Unternehmensgruppe belegen sind, erhalten nur die relevanten Abschnitte des allgemeinen Teils der Steuererklärung,
- Mitgliedstaaten, denen Besteuerungsrechte unter Pillar 2 zustehen erhalten spezifische länderbezogene Berichte.
Die relevanten Teile der Mindeststeuer-Berichte sollen unverzüglich, spätestens aber drei Monate nach Ablauf der Erklärungsfrist ausgetauscht werden. Die Frist zur Abgabe der Mindeststeuer-Berichte soll nach 15 Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahrs enden (siehe auch § 75 Abs. 3 Satz 1 MinStG). Somit soll der Austausch innerhalb von 18 Monaten nach Ende des Geschäftsjahrs erfolgen. Für das erste Geltungsjahr der MinStRL gilt jeweils eine drei Monate längere Frist (siehe auch § 75 Abs. 3 Satz 2 MinStG). Die Übermittlung der Informationen soll unter Verwendung eines elektronischen Standardformats erfolgen, welches von der Kommission entwickelt wird.
Die Richtlinie betrifft allerdings nur den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten. Für den Informationsaustausch mit Drittstaaten müssen die EU-Mitgliedstaaten internationale Abkommen mit diesen Staaten unterzeichnen. Dies ist insofern wichtig, als erst dann eine Befreiung von der Pflicht den Mindeststeuer-Bericht beim BZSt einzureichen für Gesellschaften, die Teil eines Konzerns mit einer obersten Muttergesellschaft in einem Drittstaat sind, eintritt, wenn eine solche Vereinbarung besteht (siehe § 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 MinStG).
Weitere Informationsrechte zugunsten der Mitgliedstaaten
Der neue Art. 9a gibt einer zuständigen Behörde die Möglichkeit, sich nach einem Mindeststeuer-Bericht in einem anderen Staat zu erkundigen, wenn dessen zentrale Einreichung angekündigt, der Bericht aber noch nicht ausgetauscht wurde. Die zuständige Behörde eines Mitgliedstaates, in dem die berichtspflichtige Geschäftseinheit für Zwecke der Mindeststeuer ansässig ist, kann dann überprüfen, ob eine solche Meldung eingereicht wurde und sich nach dem voraussichtlichen Datum der Einreichung erkundigen, falls dies noch nicht geschehen ist. Wenn eine zuständige Behörde Grund zur Annahme hat, dass der Mindeststeuer-Bericht fehlerhaft ist, kann sie zudem die übermittelnde Behörde hierüber informieren. Diese hat sodann, wenn sie diese Bedenken teilt, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und die berichtigten Informationen im Anschluss auszutauschen. Zur Konkretisierung und Vereinheitlichung der Erklärungspflichten wird zudem ein neuer Anhang VII in die EU-Amtshilferichtlinie aufgenommen. In diesem sind relevante Definitionen, Erklärungen zu Einreichung der Erklärung sowie ein Formblatt des – vollständig mit der Vorlage des GIR überein-stimmenden – Mindeststeuer-Berichts enthalten.
Sonstiges
Mit DAC 9 geht die Kommission einen anderen Weg als bei anderen Konkretisierungen der MinStRL. Bisher gewann die MinStRL durch die Administrative Guidances an Kontur, die im Wege der Auslegung in die MinStRL hineingelesen werden müssen. Für die Verfahrensfragen möchte die Kommission nun noch einen Schritt weiter gehen. Sie schafft dahingehend ein Stück Klarheit für die Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltungen.
Die Umsetzung in nationales Recht soll durch die Mitgliedstaaten bis spätestens 31.12.2025 erfolgen.