Versagung der erweiterten Kürzung im Organkreis beim sogenannten Weitervermietungsmodell
Urteil vom 11.07.2024, III R 41/22 (V) – Mit Urteil vom 11.07.2024 hat der III. Senat des BFH entschieden, dass die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im Organkreis beim sogenannten Weitervermietungsmodell an Dritte zu versagen ist.
In dem zugrundeliegenden Fall ging es um die Frage, ob der Klägerin, einer Wohnungsanbieterin und Konzernmutter einer Unternehmensgruppe, die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) für das Jahr 2016 zusteht. Als Konzernmutter übernahm die Klägerin zugleich die Funktion als ertrag- sowie umsatzsteuerliche Organträgerin. Dem Organkreis gehörten die W-GmbH, die selbst nicht über Immobilienbesitz verfügte sowie 17 weitere Organgesellschaften, welche jeweils über einen eigenen Immobilienbestand verfügten, an. Die Organgesellschaften verpachteten ihre Immobilen an ihre Schwestergesellschaft, die W-GmbH. Die W-GmbH verpachtete bzw. vermietete die Immobilien ihrerseits weiter an außerhalb des Organkreis stehende Dritte und erbrachte verschiedene Dienstleistungen („Weitervermietungsmodell“).
Die W-GmbH verbuchte die Pachtzahlungen als Aufwand; eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG nahm sie nicht vor. Die anderen Organgesellschaften beanspruchten für sich die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das Finanzamt beschränkte nach einer Betriebsprüfung die Kürzung auf 1,2% des Einheitswerts gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG und gewährte keine erweiterte Kürzung.
Der BFH teilte die Auffassung des Finanzamts. Bei den Organgesellschaften scheide die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aus, denn die durch die gewerbesteuerliche Organschaft i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG bedingten Besonderheiten stehen der Anwendung dieser Vorschrift entgegen.
Der BFH legte der Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung zugrunde, nach der die erweiterte Kürzung im Fall der Vermietung von Grundstücken innerhalb des Organkreises ausgeschlossen ist. Dies begründete er damit, dass die mit der Vermietung zusammenhängenden Aufwendungen und Erträge innerhalb des Organkreises neutralisiert werden und es zu einer gestörten Korrespondenz zwischen Aufwands- und Ertragsseite käme, wenn die Mieterträge gewerbesteuerlich gekürzt würden, während die korrespondierenden Aufwendungen weiterhin abgezogen werden könnten.
Darauf aufbauend entschied der BFH, dass nicht nur bei Weitervermietungen innerhalb des Organkreises die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu versagen ist. Vielmehr sind diese Rechtsgrundsätze auch auf eine Weitervermietung an Dritte außerhalb des Organkreises anzuwenden. Zur Begründung führte der Senat an, dass sich die Weitervermietung innerhalb des Organkreises und die Weitervermietung an Dritte nicht in Bezug auf die Wirkung der organkreisinternen Geschäfte unterscheidet. Denn die Organgesellschaften erzielten sämtliche Pachterlöse von der W-GmbH, welche die Pachtzahlungen als Betriebsausgaben erfasste. Auf der Ebene der Klägerin als Organträgerin glichen sich Aufwand und Ertrag aus diesen – ausschließlich die Organgesellschaften betreffenden – Geschäften aus, sodass eine Korrektur des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei den übrigen Organgesellschaften nicht geboten ist. Eine solche Korrektur würde vielmehr dazu führen, dass auf der Ebene der Klägerin als Organträgerin Erträge nicht der Gewerbesteuer unterworfen wären, obwohl die korrespondierenden Aufwendungen (zumindest teilweise gewerbesteuermindernd) abgezogen werden können, was zu einer ungerechtfertigten steuerlichen Entlastung der Organträgerin führen würde.
Die Entscheidung ist wichtig, weil sie eine lange diskutierte Streitfrage entscheidet und für Klarheit sorgt. Aus Sicht der Steuerpflichtigen ist sie gleichwohl bedauerlich, da in erfassten Strukturen zukünftige mit einer gewerbesteuerlichen Mehrbelastung zu rechnen ist.