Jahressteuergesetz 2024 in 2./3. Lesung durch Bundestag beschlossen

Am 18.10.2024 hat der Bundestag, auf Empfehlung seines Finanzausschusses (BT-Drs. 20/13419), das Jahressteuergesetz 2024 („JStG 2024“) mit den Stimmen der Ampel-Koalition, in geänderter Fassung, beschlossen. Die vorherigen Beratungen im Bundesrat sowie im Finanzausschuss des Bundestages am 16.10.2024 haben dazu geführt, dass nunmehr zahlreiche Änderungen im Vergleich zum Regierungsentwurf enthalten sind. Hierbei handelt es sich insbesondere um Punkte, die auf Empfehlung des Finanzausschusses Eingang in den Gesetzentwurf gefunden haben.

Aufgrund der Fülle der Änderungen, die nunmehr Eingang in den Gesetzentwurf gefunden haben, werden an dieser Stelle nur die wichtigsten Änderungen im Vergleich zum Regierungsentwurf in Kürze dargestellt (eine vollständige Aufzählung der Neuerung lässt sich der Beschlussempfehlung des 
Finanzausschusses entnehmen (hierzu BT-Drs. 20/13419, S. 2 ff.)):

  • § 6 Abs. 5 Satz 7 -neu- EStG 
    Der an § 6 Abs. 5 EStG angefügte neue Satz 7 bezieht sich auf die Körperschaftsteuerklausel in § 6 Abs. 5 Satz 5 und 6 EStG. Nach dieser ist eine Buchwertfortführung ausgeschlossen, soweit der Anteil einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem übertragenen Wirtschaftsgut direkt oder innerhalb einer Sperrfrist unmittelbar oder mittelbar begründet oder erhöht wird. Nach dem neuen Satz 7 liegt eine solche unmittelbare oder mittelbare Begründung oder Erhöhung auch vor, wenn dieser Anteil an die Stelle eines unmittelbaren oder mittelbaren Anteils einer anderen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse tritt. Hiermit soll die teleologische Reduktion der Vorschrift (keine Anwendung, wenn sich die Gesamthöhe der beteiligten genannten Rechtsträger nicht ändert, auch wenn sich deren Identität ändert), die 
    der BFH in seinem Urteil vom 15.07.2021 (IV R 36/18) vorgenommen hat, zur Vermeidung von als missbräuchlich erachteten Gestaltungen eingeengt werden. Entgegen dem unveröffentlichten Referentenentwurf des BMF vom 27.03.2024, der § 6 Abs. 5 Satz 7 EStG noch beinhaltete, bevor dieser zwischenzeitlich aus dem Gesetzentwurf gestrichen wurde, ist die Norm nicht in allen offenen Fällen anzuwenden. Vielmehr ergibt sich aus § 52 Abs. 12 Satz 4 EStG, dass § 6 Abs. 5 Satz 7 EStG für alle Übertragungen von Wirtschaftsgütern gilt, die nach dem Tag des Gesetzesbeschlusses des Deutschen 
    Bundestages stattfinden. Damit ist § 6 Abs. 5 Satz 7 EStG auf seit dem 19.10.2024 stattfindende Übertragungen anzuwenden. 
  • § 20 Abs. 6 Satz 5 und 6 EStG 
    Durch die Aufhebung von § 20 Abs. 6 Satz 5 und 6 EStG werden der gesonderte Verlustverrechnungskreis für Termingeschäfte sowie die Beschränkung der Verrechenbarkeit von Verlusten aus Forderungsausfällen im Privatvermögen auf eine Höhe von 20.000 € abgeschafft. Zur Begründung wird angeführt, dass die unterschiedlichen Verlustverrechnungskreise im Widerspruch dazu stünden, dass die Einführung der Abgeltungssteuer auch der Vereinfachung der Besteuerung von Kapitaleinkünften dienen sollte. Mit der Streichung der genannten Regelungen soll dem Vereinfachungsaspekt Rechnung getragen werden. Zusätzlich ist darin 
    eine Reaktion auf verfassungsrechtliche Bedenken des BFH (Beschluss vom 07.06.2024, Az. VIII B 113/23 (AdV)) gegen die Verlustverrechnungsbeschränkung zu sehen. 
  • § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG 
    Der BFH hatte mit Urteil vom 26.09.2023, Az. IX R 13/22 entschieden, dass der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft nicht als anteilige Anschaffung eines zur Gesamthand einer Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks angesehen werden kann. 
    Um zu verhindern, dass durch den Erwerb eines Erbteils statt eines Grundstücks Spekulationsfristen umgangen werden und damit Steuersubtrat unversteuert bleibt und um einen Gleichlauf mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG zu 
    schaffen, werden die Gesamthandsgemeinschaften klarstellend in § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG aufgenommen.  
  • § 45b Abs. 2 bis 7 EStG 
    Neu enthalten im JStG 2024 ist eine Anpassung des Meldestandards zu Dividendenerträgen nach § 45b Abs. 2 bis 7 EStG an die Vorgaben der FASTER-Richtlinie (de / en). Inländische und grenzüberschreitende Dividendenzahlungen werden somit künftig bzgl. der Meldepflicht 
    gleichbehandelt, wodurch der Verwaltungsaufwand verringert werden soll.
  • § 29 Abs. 6 Satz 2 KStG (aufgehoben) 
    § 29 Abs. 6 KStG findet auf bestimmte grenzüberschreitende Umwandlungen (Inbound) Anwendung und regelt die erstmalige Anwendung der Regelungen über das steuerliche Einlagekonto beim übertragenden Rechtsträger, für den bislang kein Einlagekonto 
    festgestellt wurde. Künftig entfällt der in Satz 2 enthaltene Verweis auf § 27 Abs. 8 KStG. Damit entfällt das Verfahren zur gesonderten Feststellung der Bestände der nicht ins Nennkapital geleisteten Einlagen bei der übertragenden Körperschaft oder Personenvereinigung. Der Gesetzgeber bezweckt damit eine Angleichung mit der ebenfalls wegfallenden Anfangsbestandsfeststellung des steuerlichen Einlagekontos in Umwandlungsfällen zur Neugründung. 
  • § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 
    Mit der Neufassung des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, eine einheitliche Ermittlung der Gewerbesteuer unabhängig davon, ob die Bundesländer bei der Grundsteuer dem Bundesmodell folgen oder Regelungen in eigenen Landesgrundsteuergesetzen getroffen haben.  
  • § 31 Abs. 3 GewStG 
    Für Zwecke der gewerbesteuerlichen Zerlegung sind Arbeitslöhne von Arbeitnehmern, die vollständig oder überwiegend im gewerbesteuerfreien Teil eines Betriebs tätig sind, nicht zu 
    berücksichtigen. Bisher wurden von der Regelung nur einzelne Befreiungstatbestände erfasst; durch die Änderung unterfallen jetzt alle gewerbesteuerlichen Befreiungstatbestände der Ausnahme des § 31 Abs. 3 GewStG. 
  • §§ 19 Abs. 3 -neu-, 49 Abs. 5 -neu- InvStG 
    Das InvStG enthält zukünftig in §§ 19 Abs. 3 -neu-, 49 Abs. 5 -neu- InvStG eine an § 6 AStG angelehnte Wegzugsbesteuerung auf Ebene der Anleger eines Investmentfonds (im Einzelnen BT-Drs. 20/13419 S. 63 ff, 243 ff.). Diese Investment-Wegzugsbesteuerung ist dabei beinahe wortgleich zu § 6 AStG. Der Gesetzgeber schließt damit eine in der Vergangenheit genutzte Besteuerungslücke. Sie ergab sich daraus, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG nicht auf Anteile an einem (Spezial-)Investmentfonds in der Rechtsform eines Sondervermögens anwendbar war. Denn hierbei handelt es sich nicht um einen Anteil i.S. des § 17 EStG. Zugleich wurden die erfassten Wertsteigerungen nicht gänzlich von der Vorabpauschale erfasst, sodass es insgesamt zu 
    einer Abwanderung eines unversteuerten Wertzuwachses kommen konnte. Die Wegzugsbesteuerung ist auf Sachverhalte ab dem 01.01.2025 anzuwenden. 
  • § 21 Abs. 1a AStG  
    In § 21 Abs. 1a AStG sieht das JStG 2024 eine Übergangs- oder Nichtbeanstandungsfrist für Altverträge im Rahmen von grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehung innerhalb einer 
    multinationalen Unternehmensgruppe i.S.d. § 1 Abs. 3d AStG vor. 
  • Änderungen im UStG 
    Das JStG 2024 enthält zahlreiche Änderungen des Umsatzsteuergesetzes. Neu hinzugekommen sind zunächst redaktionelle Anpassungen des Gesetzeswortlauts in § 13b Abs. 3, 5 und 9 UStG. Zudem enthält das JStG 2024 nicht mehr die ursprünglich vorgesehene Erweiterung der Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten durch die Kreditgeber. Ebenso verzichtet der Gesetzgeber auf die Erweiterung der Umsatzsteuerbefreiung für den (Vereins-)Sport. Mit der Anpassung der Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen in § 4 Nr. 21 UStG passt der Gesetzgeber diese an unionsrechtliche Vorgaben an. Daneben 
    nimmt der Gesetzgeber Klarstellungen bzgl. der Besteuerung der Kleinunternehmer vor. Dies betreffen etwa § 13b Abs. 5 Satz 9 UStG bzgl. der Steuerschuldnerschaft eines Kleinunternehmers oder § 19 Abs. 3 und 5 UStG. § 24 Abs. 5 UStG enthält nun eine Verordnungsermächtigung zur Festsetzung des Durchschnittssatzes für Land- und Forstwirte. Die Vorschriften für den Vorsteuerabzug aus der Rechnung eines Ist-Versteuerers treten aus Rücksicht auf die Wirtschaft erst zum 01.01.2028 in Kraft. 
  • § 23 Abs. 25 GrEStG 
    § 23 Abs. 25 GrEStG enthält eine Übergangsregelung für die Anwendbarkeit des neuen § 1 Abs. 4a GrEStG. Bei § 1 Abs. 4a GrEStG handelt es sich um eine im Rahmen von Erwerbsvorgängen 
    nach § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG anwendbare Zurechnungsregelung. Für diese Neuregelung fehlte bislang eine Anwendungsregelung, sodass zu befürchten war, dass die Neureglung in allen offenen Fällen zur Anwendung kommen könnte. Durch die auf Vorschlag des Bundesrates eingefügte Anwendungsregelung soll dieser Befürchtung begegnet werden. Die betroffenen Erwerbsvorgänge müssen nach dem Inkrafttreten des JStG 2024 erfolgen, damit § 1 Abs. 4a GrEStG überhaupt auf sie Anwendung finden kann.  
  • § 23 Abs. 27 -neu- GrEStG 
    Bei der Einfügung des neuen § 23 Abs. 27 GrEStG handelt es sich um eine Anpassung infolge des Inkrafttretens des MoPeG (BGBl. I 2021, S. 3436). Um Rechtssicherheit bezüglich der Auswirkungen des MoPeG auf laufende Nachbehaltensfristen des § 5 Abs. 3 Satz 1 und § 
    6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG zu schaffen, wird in § 23 Abs. 27 GrEStG geregelt, dass allein das Inkrafttreten des MoPeG nicht zu einer Verletzung laufender Nachbehaltensfristen führt, die bis zum 31.12.2026 verwirklicht wurden. Die Nachbehaltensfristen gelten also weiter; sie werden erst verletzt, wenn sich der Anteil am Gesellschaftsvermögen innerhalb der Nachbehaltensfrist vermindert. 
  • § 3 MinStG 
    Ebenfalls im Gesetz enthalten ist eine Anpassung der Definition der Mindeststeuergruppe nach § 3 MinStG. Zur Klarstellung und Verwaltungsvereinfachung soll künftig auch eine einzelne im Inland belegene, nach § 1 MinStG steuerpflichtige Geschäftseinheit einer Unternehmensgruppe als Mindeststeuergruppe sowie Gruppenträger gelten. Diese Änderung wurde aus dem 
    Mindeststeueranpassungsgesetz, ausgeklammert. Im Gegensatz zu den übrigen Änderungen am MinStG gilt dieser neue § 3 Abs. 1 Satz 3 MinStG damit schon ab dem Besteuerungszeitraum 2024. 
  • § 8 StAbwG 
    In das JStG 2024 neu eingefügt wurde eine Änderung des Steueroasenabwehrgesetzes (BGBl. I 2021, S. 2056). So gleicht der Gesetzgeber das Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugsverbot nach § 8 StAbwG an die Quellensteuerpflicht nach § 10 StAbwG an. Das in § 8 StAbwG geregelte Abzugsverbot gilt damit nicht mehr für bestimmte Inhaberschuldverschreibungen und Versicherungs- oder Rückversicherungsleistungen.
  • Elektronische Kommunikation mit dem Finanzamt 
    Sehr kontrovers ist schließlich eine auf den ersten Blick eher unscheinbare Änderung des § 87a Abs. 1 AO. Dort wird geregelt, dass die Übermittlung elektronischer Nachrichten und Dokumente an Finanzbehörden mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder über das besondere elektronische Behördenpostfach nicht zulässig ist, soweit für die Übermittlung ein sicheres elektronisches Verfahren der Finanzbehörden zur Verfügung steht, das den Datenübermittler 
    authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Damit wird es Rechtsanwälten und Steuerberatern allerdings unmöglich gemacht mit dem Finanzamt über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) oder das besonderes Steuerberaterpostfach (beSt) zu kommunizieren. Die Kommunikation muss vielmehr über Elster erfolgen. Da eine vergleichbare Regelung, nicht zuletzt aufgrund von Stellungnahmen der Berufsorganisationen, 
    vor einigen Monaten bereits abgelehnt wurde, überrascht die Aufnahme in das JStG 2024 nun sehr. Als Reaktion auf erneuten Gegenwind der Berufsorganisationen ist nun erklärt worden, dass die Änderung auf ein „fahrlässiges“ Versehen zurückzuführen sei und deshalb in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren wieder aufgehoben werden soll. Die weitere Entwicklung bliebt insoweit 
    abzuwarten und Überraschungen erscheinen in Anbetracht des bisherigen Gesetzgebungsverfahrens nicht ausgeschlossen. 

Die jährliche Anpassung von steuerlichen Freibeträgen zur Freistellung des Existenzminimums – eigentlich ein Klassiker im Jahressteuergesetz – findet sich im parallel beschlossenen Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024. Dieses hat der Bundestag in 2./3. Lesung, unverändert im Vergleich zum Regierungsentwurf (BT-Drs. 20/12783), ebenfalls am 18.10.2024 
beschlossen. 

In der Gesamtschau fällt auf, dass das JStG 2024 keine grundlegenden Neuerungen enthält. Der Gesetzgeber nimmt damit ein Mindestmaß (technisch) gebotener Korrekturen vor, ohne grundlegende Verbesserungen am Gesamtsystem umzusetzen.

Zum Abschluss der Gesetzgebungsverfahren bedarf es noch der Zustimmung des Bundesrates. Die nächsten Sitzungen des Bundesrates sind für den 22.11.2024 und 20.12.2024 geplant. 

Das Gesetz zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs (Steuerfortentwicklungsgesetz), das ursprünglich, wie auch das Jahressteuergesetz 2024, ebenfalls letzte Woche durch den Bundestag beschlossen werden sollte, konnte nicht verabschiedet werden. Dem Vernehmen nach hat sich die Partei Bündnis 90/Die Grünen gegen den Entwurf, insbesondere 
wegen der Bestimmungen zur Abmilderung der kalten Progression, gewandt. Wann die Beratungen fortgesetzt werden, steht bisher noch nicht fest.