FG Nürnberg entscheidet zu den Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gem. § 6a GrEStG

Urteil vom 25.04.2024, 4 K 990/22

Das FG Nürnberg entscheidet in einem bisher nicht veröffentlichten Urteil zu den Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gemäß § 6a GrEStG für einen durch Sachgründung nach § 1 Abs. 2b GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang.

Kurz zusammengefasst: 

Die Klägerin ist eine GmbH an der seit Januar 2017 ein Gesellschafter zu 90% beteiligt ist. Im Rahmen einer Sachgründung wurde diese GmbH in eine UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG eingebracht, an der derselbe Gesellschafter als einziger Kommanditist beteiligt war. Die Einbringung erfolgte mit wirtschaftlicher und steuerlicher Wirkung zum 16. September 2021 am Tag der Gründung der KG und in Erfüllung der Sacheinlageverpflichtung des KG-Gesellschaftsvertrags. Zum Zeitpunkt der Einbringung war die GmbH Eigentümerin mehrerer Grundstücke.

Die Klägerin stritt mit dem Finanzamt darüber, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gemäß § 6a GrEStG im Falle eines durch Sachgründung gemäß § 1 Abs. 2b GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgangs gegeben waren.

Das Finanzamt versagte die Steuerbefreiung, da die Voraussetzung des § 6a Satz 3 GrEStG nicht erfüllt sei. Es seien nicht ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften an der Einbringung beteiligt gewesen. Dies folge aus der Beteiligung des Gesellschafters an der GmbH in Höhe von 90%, wodurch die Beteiligungsschwelle des § 6a Satz 4 GrEStG in Höhe von 95% nicht erreicht worden sei.

Die Klägerin hingegen sah die GmbH nicht als Beteiligten im Sinne von § 6a Satz 3 und 4 GrEStG an. Mit Verweis auf die BFH-Rechtsprechung argumentierte sie zudem, dass die fünfjährige Vorbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG im Fall einer Sachgründung nicht eingehalten werden muss. Insoweit sei die BFH-Rechtsprechung zu Umwandlungsvorgängen, wonach die Vorbehaltensfrist nur insoweit eingehalten werden muss, wie sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden kann, auf den Fall der Sachgründung übertragbar.

Das FG Nürnberg wies die Klage als unbegründet ab. Es entschied, dass nur diejenigen Rechtsträger als "Beteiligte" im Sinne von § 6a Satz 3 GrEStG anzusehen sind, deren Vermögen unmittelbar von der Rechtsnachfolge betroffen ist, nicht jedoch mittelbar betroffene Gesellschafter. Unmittelbar betroffen sind lediglich diejenigen Rechtsträger, die Vermögen verlieren/übertragen und diejenigen die Vermögen aufnehmen. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Fiktion des § 1 Abs. 2b GrEStG. Zu dieser bisher nicht höchstrichterlich entschiedenen Frage, wies das FG Nürnberg damit die Auffassung des Finanzamts zurück. Im Streitfall sind die Anforderungen des § 6a Satz 3 und 4 GrEStG daher nur an die unmittelbaren Vertragspartner der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung zu stellen. Auf die Höhe der Beteiligung des Gesellschafters an der GmbH kommt es daher im entschiedenen Fall nicht an.

Die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG ist im vorliegenden Fall dennoch nicht zu gewähren. Denn in Bezug auf die Beteiligung des Gesellschafters an der KG liegt ein Verstoß gegen die Vorbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG vor. Ein Verzicht auf diese Frist ist nach Auffassung des FG nur möglich, wenn es sich um einen einheitlichen Vorgang handelt, infolgedessen die Gesellschaft erst neu entsteht. Handele es sich, wie hier, beim Gesellschaftsvertrag über die Gründung und dem Einbringungsvertrag um zwei eigenständige zivilrechtliche Verträge, beruht die Nichteinhaltung der Vorbehaltensfrist nicht auf umwandlungsbedingten Gründen. Im Unterschied zur Ausgliederung zur Neugründung nach dem Umwandlungsgesetz sei es im Fall der Sachgründung durch die Wahl des Übertragungszeitpunkts nämlich rechtlich möglich, die Vorbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG einzuhalten und der Abschluss des Einbringungsvertrags verlange gerade die Existenz der zuvor gegründeten KG. Das FG Nürnberg lehnt damit eine teleologische Reduktion des § 6a Satz 4 GrEStG ab.

Die Differenzierung zwischen der Umwandlungsmaßnahme bzw. dem Einbringungsvorgang bei der Auslegung des § 6a Satz 4 GrEStG verstößt schließlich auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Denn die Vorgänge unterscheiden sich nach Auffassung des FG aus den genannten Gründen in rechtserheblicher Weise, so dass keine Ungleichbehandlung eines wesentlich gleichen Sachverhalts vorliegt.

Dieses Urteil des FG Nürnberg, gegen das die Revision beim BFH, Az. II R 13/24, anhängig ist, verdeutlicht die strengen Anforderungen an die Einhaltung der Vorbehaltensfristen nach § 6a GrEStG und konkretisiert die Definition der am Rechtsvorgang Beteiligten. Der BFH hat nun darüber zu entscheiden, ob § 6a Satz 4 GrEStG bei der Einbringung durch Sachgründung teleologisch zu reduzieren ist.

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