Aktualisiertes BMF-Schreiben zur steuerlichen Anerkennung inkongruenter Gewinnausschüttungen
BMF-Schreiben vom 04.09.2024– Das BMF veröffentlicht ein aktualisiertes Schreiben zur steuerlichen Anerkennung inkongruenter Gewinnausschüttungen.
Mit Urteil vom 28.09.2022 (VIII R 20/20; siehe hierzu Steuern Kompakt vom 16.12.2022) hat der BFH entschieden, dass ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss über eine inkongruente Vorabausschüttung einer GmbH, der von der Gesellschafterversammlung einstimmig gefasst worden ist und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann, als zivilrechtlich wirksamer Ausschüttungsbeschluss der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Das BMF hatte noch in seinem Schreiben vom 17.12.2013 (BStBl I 2014, S. 63) die steuerliche Anerkennung solcher satzungsdurchbrechender Beschlüsse abgelehnt. Das BMF hat nun am 04.09.2024 ein aktualisiertes Schreiben zur steuerlichen Anerkennung inkongruenter Gewinnausschüttungen veröffentlicht, in dem es sich der Auffassung des BFH anschließt. Zudem äußert sich das BMF zur steuerlichen Anerkennung einer gespaltenen Gewinnverwendung, d.h. der Gewinnanteil eines Gesellschafters wird nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt.
In dem neuen BMF-Schreiben wird bei der steuerlichen Anerkennung von inkongruenten Gewinnausschüttungen weiterhin zwischen Ausschüttungen einer GmbH und einer AG unterschieden:
GmbH:
- Bei der GmbH sind – wie auch im nunmehr überholten BMF-Schreiben – eine abweichende Regelung der Gewinnverteilung im Gesellschaftsvertrag oder eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Öffnungsklausel für eine abweichende Gewinnverteilung steuerlich anzuerkennen.
- Dies gilt nun auch für einen einstimmig gefassten, punktuell satzungsdurchbrechenden Beschluss, der von keinem Gesellschafter angefochten werden kann. Dieser liegt vor, wenn seine Wirkung sich in der betreffenden Maßnahme als Einzelakt erschöpft, so dass die Satzung durch den Beschluss zwar verletzt wird, aber nicht mit Wirkung für die Zukunft geändert werden soll. Ein satzungsdurchbrechender Beschluss mit Dauerwirkung ist hingegen nichtig, wenn bei der Beschlussfassung nicht alle materiellen und formellen Bestimmungen einer Satzungsänderung eingehalten werden.
- Schließlich ist laut BMF auch ein Gesellschafterbeschluss steuerlich anzuerkennen, nach dem der auf den Mehrheitsgesellschafter gemäß seiner Beteiligung entfallene Anteil am Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird. Dies gilt auch bei einer erfolgten Gewinnausschüttung an die Minderheitsgesellschafter (sog. gespaltene Gewinnverwendung oder zeitlich inkongruente Gewinnausschüttung). In diesem Zusammenhang stellt das BMF klar, dass die Einstellung des Gewinnanteils in die gesellschafterbezogene Gewinnrücklage auch bei einem beherrschenden Gesellschafter nicht bereits zu einem Zufluss von Kapitalerträgen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG führt.
AG:
- Inkongruente Gewinnausschüttungen einer AG sind steuerlich nur anzuerkennen, wenn in der Satzung ein abweichender Gewinnverteilungsschlüssel festgelegt wurde. Insoweit haben sich durch das neue BMF-Schreiben keine Änderungen ergeben.
Das neue BMF-Schreiben ist auf alle offenen Fälle anzuwenden.