Der BFH entscheidet zum Wegfall der Antragsvoraussetzungen nach der Option zum Teileinkünfteverfahre

Urteil vom 17.07.2024, VIII R 37/23 (V) – Mit Urteil vom 17.06.2024 hat der VIII. Senat entschieden, dass für den Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG) bereits die abstrakte Möglichkeit zur Erzielung von Kapitalerträgen genügt. Zudem müssen die für § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG relevanten Beteiligungsvoraussetzungen nur für das erste Antragsjahr erfüllt sein, sodass nachlaufende Beteiligungsaufwendungen, die in den folgenden Veranlagungszeiträumen (VZ) anfallen, als Werbungskosten auch dann im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens abziehbar sind, wenn die Beteiligung bereits im ersten Antragsjahr veräußert wurde.

In dem entschiedenen Fall hielt der Kläger eine fremdfinanzierte Beteiligung i.H.v. 33% an der K-GmbH in seinem Privatvermögen. Im Jahr 2010 veräußerte der Kläger seinen Geschäftsanteil, wobei ein Überhang aus dem Finanzierungsdarlehen verblieb. Auf diesen Schuldüberhang zahlte der Kläger im Jahr 2010 und in den Jahren 2011 bis 2014 (Streitjahre) noch Schuldzinsen. In seiner Einkommensteuererklärung für den VZ 2010 erklärte der Kläger Verluste aus der Veräußerung der Beteiligung an der K-GmbH gem. § 17 EStG und beantragte die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für die Bezüge aus der Beteiligung und den Abzug der Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Für die Streitjahre 2011 bis 2014 machte der Kläger die weiteren Schuldzinsen unter Beachtung des Teilabzugsverbots (§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG) zu jeweils 60% als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. 

Das Finanzamt (FA) sah wegen der Veräußerung der Beteiligung die Antragsvoraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG nicht mehr als erfüllt an und versagte den teilweisen Werbungskostenabzug der Schuldzinsen. Die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben erfolglos. Vor dem FG Köln war der Kläger jedoch erfolgreich.

Der BFH folgte der Auffassung des FG und wies die Revision des FA mit folgenden Argumenten als unbegründet zurück: 

  • Im VZ 2010 war der Kläger gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG in Höhe von einem Drittel in ausreichendem Umfang an der K-GmbH beteiligt. Die unterjährige Veräußerung der Beteiligung steht der – auch erstmaligen – Antragstellung nicht entgegen. Zudem ist das Erzielen von Kapitalerträgen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG in dem VZ der Antragstellung nicht erforderlich, sodass bereits die abstrakte Möglichkeit genügt, aus der Beteiligung Kapitalerträge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG erzielen zu können.
  • Nach der wirksamen Antragstellung ist das Vorliegen der materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a und b EStG) gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG in den folgenden vier VZ vom FA zu unterstellen. Die Antragsvoraussetzungen müssen nur für das erste Antragsjahr vorliegen, sodass ihr Wegfall (z.B. durch Veräußerung der Beteiligung) in den folgenden vier VZ unerheblich ist. 
  • Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats sind Schuldzinsen für die Finanzierung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung, die auf Zeiträume nach Veräußerung der Beteiligung entfallen, grds. als Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie mit den aus der Beteiligung erzielten früheren Kapitalerträgen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Somit durfte der Kläger die in den VZ 2011 bis 2014 angefallenen Schuldzinsen nach Maßgabe des Teilabzugsverbots (§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehen.

Die Entscheidung ist teilweise inhaltsgleich mit dem Urteil des VIII. Senats vom 17.07.2024 (VIII R 2/24) (NV).

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