Unterliegt Fremdvergleichsgrs. für Vereinbarungen zw. nahestehenden Personen Schriftformerfordernis?

BVerfG, Beschluss vom 27.05.2025, 2 BvR 172/24 – Das BVerfG hebt ein Urteil des Finanzgerichts Thüringen wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot auf und verweist die Sache an das FG zurück. Im Ausgangsverfahren war streitgegenständlich, ob der Fremdvergleichsgrundsatz für Vereinbarungen zwischen nahestehenden Personen einem Schriftformerfordernis unterliegt.

Beschwerdeführerin war eine im Holzhandel tätige GmbH & Co. KG. Diese errichtete 2005 ohne schriftlichen Vertrag für eine Schwestergesellschaft ein Sägewerk. Fehler bei Planung und Bau führten zu Mehrkosten von ca. vier Millionen Euro. Infolgedessen wurde im Streitjahr 2008 vereinbart, dass die Beschwerdeführerin diese Kosten an ihre Schwestergesellschaft zahlt. Diese Zahlung machte die Beschwerdeführerin in ihrer Feststellungs- und Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr als Betriebsausgabe gemäß § 4 Abs. 4 EStG geltend.

Im Rahmen einer Außenprüfung versagte das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug mit der Begründung, dass eine schriftliche vertragliche Grundlage für die Planung und Errichtung des Sägewerks fehle. Der hiergegen gerichtete Einspruch und die Klage zum Finanzgericht Thüringen (Az. 1 K 68/17) blieben erfolglos. Das Finanzgericht erkannte in der fehlenden schriftlichen Vereinbarung einen Verstoß gegen den Fremdvergleichsgrundsatz. Nachdem die Nichtzulassungsbeschwerde vom Bundesfinanzhof zurückgewiesen wurde, erhob die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde.

Das BVerfG hob das Urteil des Finanzgerichts Thüringen wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG auf. Hiernach habe das Finanzgericht faktisch und zu Unrecht ein Schriftformerfordernis zu einem Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs. 4 EStG verselbstständigt. Dagegen muss nach Ansicht des BVerfG eine Gesamtbetrachtung erfolgen – das Fehlen einer schriftlichen Vereinbarung könne allein kein Ausschlusskriterium für die steuerliche Anerkennung als Betriebsausgabe sein. Das FG habe die entsprechende Rechtsprechung des BFH, nach der eine Gesamtbetrachtung erforderlich sei, nicht annähernd umfassend gewürdigt, da hierzu nur ein einziges Urteil des BFH zitiert wurde. Auch aus der weiteren Urteilsbegründung lasse sich eine Gesamtabwägung nicht erkennen. Damit beurteilt das Bundesverfassungsgericht die Urteilsgründe anders als der BFH, der in seinem Beschluss aus den Urteilsgründen noch erkannt hatte, dass sich das FG Thüringen umfassend mit der Rechtsprechung des BFH auseinandergesetzt hatte, und diese seiner tatrichterlichen Würdigung zugrunde gelegt hatte. Die Sache wurde zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht Thüringen zurückverwiesen. Mit der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils wurde der Beschluss der BFH gegenstandslos, und konnte damit nicht mehr Gegenstand der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht sein.

Die Entscheidung stärkt erfreulicherweise die Position des Steuerpflichtigen, indem sie bestätigt, dass für die Prüfung der betrieblichen Veranlassung einer Ausgabe eine Gesamtschau aller objektiven Umstände entscheidend ist, nicht die Erfüllung einzelner Formvorschriften. Mündlich oder konkludent getroffene Absprachen können ebenso ausreichend sein, wenn sie dem entsprechen, was auch fremde Dritte vereinbaren würden. Die Entscheidung stärkt erfreulicherweise die Position des Steuerpflichtigen, indem sie bestätigt, dass für die Prüfung der betrieblichen Veranlassung einer Ausgabe eine Gesamtschau aller objektiven Umstände entscheidend ist, nicht die Erfüllung einzelner Formvorschriften. Mündlich oder konkludent getroffene Absprachen können ebenso ausreichend sein, wenn sie dem entsprechen, was auch fremde Dritte vereinbaren würden.

Gleichwohl bleibt eine schriftliche Vereinbarung empfehlenswert. Durch sie kann im Streitfall dokumentiert werden, dass die getroffene Vereinbarung klar und eindeutig ist und darüber hinaus dem entspricht, was unter fremden Dritten üblich ist.

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