Forderungsverzicht eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft gegen Besserungsschein

BFH, Urteil vom 19.11.2024, VIII R 8/22 – Der Verlust aus einem auflösend bedingten Forderungsverzicht eines Gesellschafters (Forderungsverzicht gegen Besserungsschein) ist bereits im Zeitpunkt des Verzichts zu berücksichtigen und nicht erst dann, wenn feststeht, dass die auflösende Bedingung (Besserungsfall) nicht mehr eintreten wird.

Gegenstand des Urteils war die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Verlust eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft aus einem Forderungsverzicht gegen Besserungsschein zu berücksichtigen ist. 

Im Streitfall hatte der Kläger, der Gesellschafter einer GmbH war, aufgrund finanzieller Schwierigkeiten der GmbH auf die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens unter der auflösenden Bedingung verzichtet, dass eine Rückzahlung dann zu erfolgen hat, wenn die GmbH wirtschaftlich dazu in der Lage ist (Forderungsverzicht gegen Besserungsschein). 

Das Finanzamt sah den Darlehensverzicht als in voller Höhe durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst an und qualifizierte diesen als verdeckte Einlage. 

Das FG München (Az. 11 K 2371/18) entschied, nachdem sich die Parteien über eine Aufteilung der Forderung in einen werthaltigen und einen nicht werthaltigen Teil verständigt hatten, dass sowohl die Darlehensgewährung als auch der spätere Verzicht des Klägers vorrangig durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen seien. Soweit der Darlehensrückzahlungsanspruch im Verzichtszeitpunkt werthaltig gewesen sei, führe der Verzicht zu einer verdeckten Einlage. In Höhe des nicht mehr werthaltigen Teils der Forderung seien dem Kläger negative Einkünfte gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 EStG entstanden, die im Zeitpunkt des Verzichts zu berücksichtigen seien. 

Im Rahmen der Revision vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die steuerlichen Rechtsfolgen des bedingten Verzichts in Höhe des nicht mehr werthaltigen Teils der Forderung erst zu dann berücksichtigen seien, wenn feststehe, dass die auflösende Bedingung, d.h. der Besserfall, nicht mehr eintreten wird. Dem folgte der BFH nicht:

  • Nach Auffassung des erkennenden Senats ist der Verlust aus dem Forderungsverzicht in Höhe des nicht mehr werthaltigen Teils bereits im Zeitpunkt des Verzichts zu berücksichtigen und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn feststeht, dass der Besserungsfall nicht mehr eintreten wird. Dies ergibt sich daraus, dass der Verzicht auch zivilrechtlich zum sofortigen Wegfall der Forderung führt. Auch auf Ebene der GmbH als Schuldnerin treten die Rechtsfolgen aus einem Forderungsverzicht gegen Besserungsschein im Zeitpunkt des Verzichts ein. In diesem Zeitpunkt wird das Darlehen von Fremdkapital in Eigenkapital umqualifiziert. Erst bei einem zukünftigen Eintritt des Besserungsfalls werde das wiederauflebende Gesellschafterdarlehen wieder zu Fremdkapital.
  • Hieran ändert auch die Besserungsanwartschaft nichts, die der Gesellschafter durch den Verzicht erhält, weil es sich hierbei um ein von der Forderung zu unterscheidendes, eigenständiges, verkehrsfähiges Wirtschaftsgut handele, das lediglich eine Vorstufe zum Neuerwerb der Forderung darstelle.

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