Abspaltung zu Buchwerten gemäß § 15 UmwStG

FG Nürnberg, Urteil vom 12.09.2023, 1 K 985/22

Das FG Nürnberg hat sich in seinem Urteil vom 12.09.2023 näher mit der Frage auseinandergesetzt, ob es einer Abspaltung zu Buchwerten gemäß § 15 UmwStG entgegensteht, wenn eine von zwei Geschäftsbereichen gemeinsam genutzte IT-Plattform im Zuge der Abspaltung eines der Geschäftsbereiche nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übertragen wird. In Bezug auf den Streitfall hat das FG das nach der Abspaltung für den übernehmenden Rechtsträger bestehende technische Zugriffsrecht auf die IT-Plattform für eine steuerneutrale Abspaltung genügen lassen. Die Revision gegen das Urteil ist beim BFH anhängig (Az. X 33/23).

Kurz zusammengefasst:

Der dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die A-GmbH, eine 100%-ige Tochtergesellschaft der B-Holding GmbH, betrieb ihr Geschäft im Bereich der Warenlogistik an eigenen Standorten in Stadt X und Stadt Y. Mittels einer Abspaltung zur Neugründung gemäß § 123 Abs. 2 Nr. 2 UmwG wurde der Geschäftsbereich in der Stadt Y auf die neu gegründete C-GmbH übertragen. Das von beiden Standorten genutzte Rechenzentrum (Anwendungs- und Datenbankserver für den Einsatz einer Warenlogistiksoftware) befand sich in der Stadt X und wurde im Rahmen der Abspaltung bei der A-GmbH zurückbehalten. Die C-GmbH erhielt Remote-Zugriffsrechte auf die Server der A-GmbH. Ebenfalls nicht übertragen wurde ein mit einem externen Dienstleister abgeschlossener IT-Wartungsvertrag sowie ein Managementvertrag mit der B-Holding GmbH, unter dem die B-Holding GmbH verschiedene Geschäftsführungsleistungen erbrachte. Die A-GmbH hat die übergegangenen Wirtschaftsgüter in der Schlussbilanz mit den Buchwerten gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwStG i.V.m. § 11 Abs. 2 UmwStG angesetzt und dies entsprechend in ihrer Körperschaft- und Gewerbesteuererklärung erklärt.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass nicht sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen auf die C-GmbH übertragen worden seien. Eine ertragsteuerneutrale Abspaltung zu Buchwerten wurde daher versagt. In Höhe der stillen Reserven in den übergegangenen Wirtschaftsgütern erfolgten steuerliche Gewinnkorrekturen. Das hiergegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg.

Das FG Nürnberg hat im Streitfall die Voraussetzungen für eine ertragsteuerneutrale Abspaltung zu Buchwerten als erfüllt angesehen. Die wesentlichen Urteilsgründe lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Bei einer Abspaltung auf eine andere Körperschaft können in der Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft die Buchwerte angesetzt werden, wenn – neben den weiteren Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 UmwStG – ein Teilbetrieb sowohl abgespalten wird als auch bei der übertragenden Körperschaft verbleibt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 und S. 2 UmwStG). Sowohl nach dem nationalen Teilbetriebsbegriff als auch nach dem Verständnis der Fusionsrichtlinie kommt es darauf an, inwieweit funktional wesentliche Betriebsgrundlagen, also solche, die für den Geschäftsbetrieb unentbehrlich sind, vorliegen und inwieweit diese bei dem übertragenden Rechtsträger verbleiben oder mit dem abgespaltenen Teil übertragen werden.
  • „Spaltungshindernisse“ im Sinne der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach Wirtschaftsgüter, die als funktional wesentliche Betriebsgrundlage von mehreren Teilbetrieben eines Unternehmens genutzt werden, einer Abspaltung zu Buchwerten entgegenstehen (UmwSt-Erlass vom 11.11.2011, Tz. 15.08), liegen im Streitfall in Bezug auf das Rechenzentrum, den IT-Wartungsvertrag und den Managementvertrag nicht vor.
  • Es bedurfte keiner zivilrechtlichen Übertragung der IT-Infrastruktur (Hard- und Software) auf die C-GmbH. Physische Verfügungsmöglichkeiten über Hardwarekomponenten sind nicht erforderlich. Es genügte vielmehr, dass für die C-GmbH ein technisches Zugriffsrecht auf die Datenbank und die Anwendungssoftware bestand. Durch eine technische Separierung der Daten und Anwendungen für die jeweiligen Standorte war zudem gewährleistet, dass die IT-Infrastruktur den jeweiligen Standorten selbständig im Sinne eines abgeschlossenen Teilbetriebs zur Verfügung stand.
  • Der IT-Wartungsvertrag war nicht funktional wesentlich und stellte daher keine wesentliche Betriebsgrundlage i.S.d. Teilbetriebsbegriffs dar. Es kann zwar sehr hilfreich sein, wenn die für den Betriebsablauf wesentlichen Wirtschaftsgüter störungs- und unterbrechungsfrei durch kurzfristige Verfügbarkeit externer Hilfe genutzt werden können. Ein Betrieb kann aber auch ohne eine solche Vorsorge betrieben werden.
  • Der Managementvertrag mit der Muttergesellschaft ist Ausfluss der Konzernzugehörigkeit und dient der steuerlich gebotenen Abrechnung von daraus resultierenden Vorteilen, was aber nicht funktional notwendig für den Betriebsablauf ist. 

Das FG hat die Revision zugelassen, weil die Frage, unter welchen Voraussetzungen gemeinsam genutzte IT-Plattformen einer Abspaltung zu Buchwerten entgegenstehen, höchstrichterlich bisher nicht geklärt ist.

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