Teilnahme des Sonderbetriebsverlustes an Verlustausgleichsbeschränkung

BFH, Urteil vom 21.11.2024, IV R 6/22 – Die Ausgleichs- und Abzugsbeschränkung des § 15b EStG für Verluste aus Steuerstundungsmodellen ist auch im Fall sog. definitiver Verluste verfassungsgemäß.

Im Streitfall beteiligte sich der Kläger als Kommanditist an der A-KG, einem geschlossenen Fond, welche die Herstellung von und den Handel mit Biodiesel zum Gegenstand hatte. In dem Prospekt, das auf § 15b EStG hinwies, wurden für die Jahre 2005 bis 2007 Verluste prognostiziert. Ab dem Jahr 2008 sollten aus steuerlicher Sicht Gewinne erzielt werden, sodass später ein steuerlicher Totalüberschuss erwirtschaftet werden sollte. Tatsächlich erlitt die A-KG bis zum Jahr 2009 jedoch ausschließlich Verluste und es kam zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

Der BFH hat – wie schon das Finanzamt und die Vorinstanz (FG Mecklenburg Vorpommern, Urteil vom 25.01.2022, Az. 3 K 348/17) – die Beteiligung des Klägers an der A-KG als Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15b EStG eingestuft und eine einschränkende Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen von § 15b EStG derart, dass verrechenbare Verluste bei Eintritt einer Definitivsituation abzugsfähig seien, abgelehnt: 

  • Das Vorliegen eines Steuerstundungsmodells i.S.v. § 15b Abs.1 EStG setze nicht voraus, dass sich eine Investition im Einzelfall als betriebswirtschaftlich nicht oder wenig sinnvoll darstelle. Laut Gesetz genüge es, wenn sich bei wertender Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls herausstelle, dass aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen und dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Das sei vorliegend der Fall gewesen, weil der Beteiligung ein vorgefertigtes Konzept in Gestalt eines Emissionsprospekts zugrunde lag, welches für die Anfangsjahre Verluste durch die Nutzung einer degressiven Abschreibung prognostizierte. 
  • Insbesondere stehe der Anwendung von § 15b EStG nicht entgegen, dass die Verluste auf Grund der Insolvenz der A-KG in Zukunft nicht mehr mit Gewinnen verrechnet werden können und deshalb ein sog. Definitiveffekt eintrete. Zwar ließe der Wortlaut von § 15b Abs. 1 EStG ein einschränkendes Verständnis derart zu, dass definitive Verluste abzugsfähig seien. Eine teleologische Reduktion aber komme nicht in Betracht, weil davon ausgegangen werden könne, dass der Untergang von Verlustvorträgen vom gesetzgeberischen Willen gedeckt sei. 
  • Dieses Ergebnis verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Es sei Sache des Gesetzgebers, die Sachverhalte auszuwählen, die rechtlich gleich zu qualifizieren und an welche dieselben Rechtsfolgen zu knüpfen seien. Diese Auswahl müsse jedoch sachgerecht erfolgen, was im Steuerrecht die Orientierung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verlange. Vor diesem Hintergrund bestehe zwar eine Ungleichbehandlung zwischen Gesellschaften, deren Gegenstand ein Steuerstundungsmodell ist, und anderen Gesellschaften, weil Verluste bei ersteren selbst in Definitivsituationen nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden können, während dies bei anderen Gesellschaften möglich sei, obwohl eine identische Leistungsfähigkeit bestehe. Diese Ungleichbehandlung ist aber nach Auffassung des BFH aus Lenkungsgründen und zur Missbrauchsvermeidung gerechtfertigt. Die Regelung des § 15b EStG solle die Attraktivität von Steuerstundungsmodellen einschränken und auf diese Weise einen Anreiz zu mehr Rentabilität setzen und die Förderung volkswirtschaftlich fragwürdiger Modelle beenden. Dies gelte auch in Definitivsituationen, weil sonst ein Anreiz zur Herbeiführung der Definitivsituation bestünde.

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