Der BFH lehnt das Erfordernis eines subjektiven Elements im Rahmen des § 7 Abs. 8 ErbStG ab

Urteile vom 10.04.2024, II R 22/21 (V) und II R 23/21 (NV) – Mit zwei inhaltsgleichen Urteilen vom 10.04.2024 hat der II. Senat des BFH entschieden, das § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG keine Freigebigkeit der Leistung, mithin kein subjektives Element, für die Steuerbarkeit voraussetzt. Hiermit widerspricht der BFH der erst kürzlich vom FG Münster (Urteil vom 23.05.2024, 3 K 2585/21 Erb; vgl. Steuern Kompakt vom 05.08.2024) vertretenen Auffassung.

In dem entschiedenen Fall erbte eine Erbengemeinschaft, bestehend aus dem Kläger und diversen Familienmitgliedern, eine Beteiligung an der T-GmbH in Höhe von ca. 33%. Die übrigen Geschäftsanteile an der T-GmbH hielt eine KG, an der u.a. der Kläger und seine Brüder als Kommanditisten beteiligt waren. Im Jahr 2013 veräußerte die Erbengemeinschaft die 33%-Beteiligung für EUR 300.000 an die T GmbH (Erwerb eigener Anteile). Der Bestimmung des Kaufpreises lagen vier Jahre alte Unternehmensbewertungen zugrunde. Das Finanzamt stellte für die veräußerte 33%-Beteiligung einen Wert von EUR 1,8 Mio. fest und ging von einer Schenkung i.S.v. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG zugunsten der Kommanditisten der KG aus. Eine Steuerbegünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG gewährte das Finanzamt im Rahmen der Steuerfestsetzung nicht.

Mit seinen Einsprüchen gegen die erlassenen Schenkungsteuerbescheide und mit dem anschließenden Klageverfahren vor dem Finanzgericht blieb der Kläger erfolglos.

In seiner nun veröffentlichten Entscheidung teilt der BFH vollumfänglich die Auffassung der Finanzverwaltung. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt. Nach der Entscheidung des BFH handelt es sich bei der Anteilsabtretung durch die Erbengemeinschaft um eine Leistung an die T-GmbH i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG, die als Spezialtatbestand den Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG verdrängt. Im Gegensatz zum FG Münster (Urteil vom 23.05.2024, 3 K 2585/21 Erb), vertritt der BFH die Meinung, dass § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG, der eine Schenkung fingiert, keine freigebige Vermögensverschiebung verlangt. Maßgebend für die Steuerbarkeit nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ist allein die Werterhöhung von Anteilen an der Gesellschaft, die ein unmittelbar oder mittelbar beteiligter Gesellschafter durch die Leistung des Zuwendenden an die Gesellschaft erlangt. Somit lehnt der BFH ein subjektives Element des Zuwendenden im Rahmen von § 7 Abs. 8 ErbStG ab.

Da das FG bei der Frage, ob es überhaupt zu einer Werterhöhung der Gesellschaftsanteile i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gekommen ist, von falschen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, konnte der BFH in der Sache jedoch nicht selbst entscheiden und hat diese zurück an das FG verweisen. In diesem Zusammenhang wies der II. Senat darauf hin, dass – sollte eine Werterhöhung der Anteile an der T-GmbH nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG vorliegen – die Schenkung nicht nach den §§ 13a, 13b ErbStG begünstigt wäre. Zuwendungsgegenstand im Rahmen des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG sind nämlich nicht Anteile an einer Kapitalgesellschaft, sondern die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft. Diese zählt aber nicht zum begünstigten Vermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG.

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