Keine erweiterte Kürzung bei Veräußerung des gesamten Grundbesitzes im Laufe des Erhebungszeitraums

Urteil vom 17.10.2024, III R 1/23 (V) – Hat eine Kapitalgesellschaft ihren gesamten Grundbesitz einen Tag vor Ablauf des Erhebungszeitraums („zu Beginn des 31.12.“) veräußert, kann sie die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht in Anspruch nehmen.

Kurz zusammengefasst: 

Streitig war, ob einer im Bereich des Erwerbs, der Verwaltung und Veräußerung von Immobilien tätigen GmbH (Klägerin) für das Streitjahr 2016 die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu gewähren war. Sie veräußerte mit Kaufvertrag vom 07.11.2016 ihr einziges und letztes Grundstück mit Wirkung „ab Beginn des 31.12.2016“ bzw. „am Beginn des 31.12.2016“ (so die Formulierungen im Kaufvertrag). 

Der BFH verwehrte der Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für das Streitjahr 2016. Voraussetzung sei danach unter anderem, dass „ausschließlich“ eigener Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwaltet und genutzt wird. Der Begriff der Ausschließlichkeit setze in zeitlicher Hinsicht voraus, dass der Unternehmer während des gesamten Erhebungszeitraums einer nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begünstigten Tätigkeit nachgeht. Da die Gewerbesteuer eine Jahressteuer ist, könne die erweiterte Kürzung nicht zeitanteilig gewährt werden. Werde nur während eines Teils des Erhebungszeitraums eine nicht begünstigte Tätigkeit ausgeübt, entfallen für den gesamten Erhebungszeitraum die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung. Am Erfordernis der Ausschließlichkeit fehle es daher, wenn ein Unternehmer das letzte oder einzige Grundstück vor Ablauf des Erhebungszeitraums veräußert und danach anderweitige Tätigkeiten ausübt. 

Nach diesen Maßstäben habe die Klägerin im Streitjahr 2016 nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwaltet und genutzt, weil sie ihr einziges und letztes Grundstück bereits zu Beginn des 31.12.2016 veräußert hat. Damit ist die Klägerin nach dem BFH an einem Tag des Erhebungszeitraums – nämlich dem 31.12.2016 – keiner begünstigten Tätigkeit nachgegangen. Da die Klägerin als juristische Person über den 30.12.2016 hinaus fortbestand, (i) dauerte auch ihre Gewerbesteuerpflicht (§ 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GewStG) über diesen Tag hinaus an und (ii) war der Erhebungszeitraum (Kalenderjahr) nicht abgekürzt. 

Ferner betonte der BFH, dass eine Ausnahme von dem Ausschließlichkeitserfordernis wegen Geringfügigkeit (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) nicht geboten sei. Etwas anderes gelte aus technischen Gründen lediglich bei einer – hier nicht gegebenen – Veräußerung zum 31.12. um 23:59 Uhr.

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