Zum Bankenprivileg bei einer Konzernfinanzierungsgesellschaft
BFH, Beschluss vom 21.05.2025, III R 6/24 – Maßgeblich für die Anwendung des sog. Bankenprivilegs nach § 19 Abs. 1 GewStDV ist das zivil- und aufsichtsrechtliche Verständnis des Begriffs der „Gewerbsmäßigkeit“ i.S.d. § 1 Abs. 1 KWG, nicht die ertragsteuerliche Gewinnerzielungsabsicht i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG.
Die Klägerin, eine GmbH im A-Konzern, war im Streitjahr 2012 für die Konzernfinanzierung zuständig und erbrachte Dienstleistungen im Bereich des Finanz- und Cash-Managements gegenüber anderen Konzerngesellschaften. Sie vergab Darlehen an verbundene Unternehmen und erzielte Zinserträge. Die Zinsvereinbarungen sahen vor, dass Guthaben der Gesellschaften bei der Klägerin niedriger verzinst wurden als die von ihr gewährten Kreditlinien. Die Klägerin war zudem Zwischenholding und Organträgerin einer ertragsteuerlichen Organschaft. Das Finanzamt setzte den Gewerbesteuermessbetrag zunächst erklärungsgemäß fest, änderte ihn später aus nicht streitigen Gründen.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl II 2019, 173 und die Verfügung der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 21.02.2018, DB 2018, 675 die Anwendung des Bankenprivilegs gem. § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e GewStG i.V.m. § 19 Abs. 1 GewStDV. Dadurch sollte sich die Hinzurechnung der Schuldentgelte nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG reduzieren: Bei Kreditinstituten im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG sind nur Schuldentgelte anzusetzen, die bestimmte Aktivposten übersteigen. Das FA lehnte dies mit der Begründung ab, dass es sich bei der Klägerin nicht um eine mit einem Kreditinstitut gleichzustellende Finanzierungsgesellschaft handle. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG Münster (Az. 10 K 2062/20 G) der Klage teilweise statt und berücksichtigte das Bankenprivileg bei der Hinzurechnung der Schuldentgelte nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG. Mit seiner Revision rügte das FA, dass die weiteren Voraussetzungen des Bankenprivilegs nicht vorliegen würden, insbesondere dass die Klägerin, bezogen auf die ausgeführten Bankgeschäfte, nicht gewerbsmäßig handle bzw. dies in einem Umfang betriebe, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordere.
Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen.
Nach Auffassung des BFH hat das FG (im Ergebnis) zu Recht entschieden, dass die Klägerin im Streitfall gewerbsmäßig Bankengeschäfte i.S.d. § 1 Abs. 1 KWG betrieb und infolgedessen das Bankenprivileg nach § 19 Abs. 1 GewStDV zu gewähren war. Die Qualifizierung der Gewerbsmäßigkeit für Zwecke des Bankenprivilegs richtet sich allein nach den zivil- und aufsichtsrechtlichen Grundsätzen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu § 1 Abs. 1 KWG, nicht jedoch nach ertragsteuerlichen Grundsätzen. Entscheidend ist demzufolge, dass der Betrieb auf eine gewisse Dauer angelegt ist und der Betreiber mit Gewinnerzielungsabsicht bzw. entgeltlich handelt (so auch BGH, Urteil vom 09.11.2010 – VI ZR 303/09, DB 2011, 230; BVerwG, Urteil vom 22.09.2004 – 6 C 29/03, BVerwGE 122, 29 (48)). Entgegen der Auffassung des FG bzw. der Auffassung des FA kam es dagegen nicht auf eine Gewinnerzielungsabsicht i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG an, ebenso wenig auf eine „Gewinnmaximierungsabsicht“. Die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 KWG wurden im Streitjahr erfüllt: Die Klägerin war bis zuletzt für die Konzernfinanzierung zuständig, schloss wiederholt Darlehensverträge und erzielte, trotz niedriger Verzinsung, insgesamt positive Zinsergebnisse aus den Bankgeschäften; auf eine Marktüblichkeit der Zinssätze kam es insoweit nicht an. Zu diesem Ergebnis kam auch das FG, wenngleich es mit dem Erfordernis einer Gewinnerzielungsabsicht i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG einen strengen Maßstab angelegt hatte. Nicht erforderlich war im Streitjahr, dass die Klägerin auch die Voraussetzungen des § 2 KWG erfüllte; diese Vorschrift wurde in § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV erst mit Wirkung ab dem Erhebungszeitraum 2021 eingefügt (vgl. § 36 GewStDV).
Die Entscheidung des BFH bringt wichtige Klarheit für die Praxis, weil sie ausdrücklich festhält, dass die Gewerbsmäßigkeit bei Konzernfinanzierungsgesellschaften nicht nach den strengen Maßstäben des Steuerrechts, sondern nach dem zivil- und aufsichtsrechtlichen Verständnis des KWG zu beurteilen ist. Das erleichtert die Anwendung des Bankenprivilegs und schafft für Unternehmen mehr Rechtssicherheit bei der gewerbesteuerlichen Behandlung konzerninterner Finanzierungen.