Zukunftsfinanzierung – made in Germany – final
Am 14. Dezember 2023 wurde das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) nunmehr nach längerem Gesetzgebungsprozess im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Dem vorausgegangen war der Regierungsentwurf (RegE) vom 17. August 2023 sowie der Referentenentwurf (RefE) vom 12. April 2023 (siehe unsere Newsletter zu den beiden Entwürfen hier und hier). Das ZuFinG soll insbesondere den deutschen Finanzmarkt und den Standort Deutschland für nationale und internationale Unternehmen attraktiver machen. Dies gilt vor allem für Wachstumsunternehmen, Start-ups und kleine und mittlere Unternehmen (KMU).
Zahlreiche Änderungsvorschläge aus dem Regierungsentwurf wurden ohne wesentliche Anpassungen im finalen Zukunftsfinanzierungsgesetz übernommen. Darunter insbesondere:
- Die Änderungen des eWpG, um die elektronische Aktie einzuführen;
- Die Einführung von Regelungen zu SPACs (Special Purpose Acquisition Companies) bzw. BMAGs (dt. Börsenmantelaktiengesellschaft);
- Der Schutz des Kundenvermögens im Kryptobereich;
- Haftungsregelungen bei Informationsblättern für Schwarmfinanzierungen;
- Geldwäscherechtliche Regelungen für Korrespondenzbeziehungen
Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die wesentlichsten Änderungen und teilweisen Neuerungen die sich im finalen Zukunftsfinanzierungsgesetz im Vergleich zum Regierungsentwurf (RegE) wiederfinden:
Eigenkapitalgewinnung
Mehrstimmrechtsaktien
Terminologisch macht das Gesetz nun deutlich, dass Mehrstimmrechtsaktien nicht Unterfall, sondern Alternative zu Vorzugsaktien sind (§ 12 S. 2 AktG). Weitere inhaltliche Änderungen des kontrovers diskutierten Themas wurden nicht mehr vorgenommen.
Ausgabebetrag neuer Aktien bei Kapitalerhöhungen
Das schon im RegE vorgesehene neue Rechtsschutzsystem für den Fall, dass Altaktionäre eine Kapitalerhöhung angreifen und sich dabei auf einen zu niedrigen Ausgabepreis berufen, wird mit verschiedenen Änderungen ins Gesetz übernommen:
Nach dem RegE sollte der neu geplante Anfechtungsausschluss für Beschlussmängelklagen gegen Kapitalerhöhungen nur dann eingreifen, wenn das gesetzliche Bezugsrecht auf andere Weise als nach § 186 Abs. 3 S. 4 AktG ausgeschlossen ist. Das Gesetz fasst den Ausschluss nun wesentlich weiter: Vorgesehen ist, dass die Anfechtung in den Fällen des § 255 Abs. 1 AktG generell nicht auf § 243 Abs. 2 AktG oder auf einen mutmaßlich zu niedrigen Ausgabebetrag gestützt werden kann (§ 255 Abs. 2 AktG).
Wie schon im RegE vorgesehen, sollen vom Bezugsrecht ausgeschlossene Altaktionäre, die durch einen unangemessen niedrigen Wert der auf die neuen Aktien entfallenden Einlage einen Nachteil erleiden, einen Ausgleichsanspruch erhalten, und zwar weiterhin nur dann, wenn das Bezugsrecht auf andere Weise als nach § 186 Abs. 3 S. 4 AktG ausgeschlossen ist (§ 255 Abs. 4 AktG). Wegen Investorenbedenken gestrichen ist allerdings die Möglichkeit für die Gesellschaft, sich bei Ausgleichsleistungen vom begünstigten Neuaktionär per Freistellung oder Erstattung kompensieren zu lassen (§ 255 Abs. 4 S. 3 AktG-RegE).
Der im RegE vorgesehene Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit eines gewählten Ausgabebetrags wird wortgleich ins Gesetz übernommen. Danach kommt es bei börsennotierten Gesellschaften entscheidend auf den jeweiligen Börsenkurs an; er darf grundsätzlich „nicht wesentlich“ unterschritten werden (§ 255 Abs. 5 AktG). Zur Frage, ob ein Abschlag vom Börsenkurs „nicht wesentlich“ ist, äußern die Verfasser der dem Gesetzesbeschluss zugrundeliegenden Beschlussempfehlung des Bundestagsfinanzausschusses allerdings die Ansicht, dass der Abschlag „unter Umständen“ – beispielsweise genannt werden Unternehmenserwerbe und Sanierungssituationen – auch über die zu § 186 Abs. 3 S. 4 AktG entwickelten Grundsätze (also 3 – 5 %) hinausgehen kann. Ob und in welcher Weise sich dieses Verständnis der Vorschrift durchsetzt, bleibt noch abzuwarten.
(Finanz-)Standort Deutschland
Finanzverträge in der AGB-Kontrolle
Die AGB-Bereichsausnahme für Finanzverträge zwischen Finanzunternehmern erfuhr im Vergleich zum RegE von August 2023 nur wenig Veränderung:
Im Hinblick auf den persönlichen Anwendungsbereich war in der Fassung des RegE noch erforderlich, dass der Vertragspartner des klauselverwendenden Finanzunternehmers die in Rede stehenden Geschäfte „rechtmäßig gewerbsmäßig tätigt“. Auf Initiative des Bundesrates hin wurde der Wortlaut geändert, so dass es nun ausreicht, wenn der Vertragspartner des klauselverwendenden Finanzunternehmers diese Geschäfte „rechtmäßig gewerbsmäßig tätigen kann“. Es kann somit ausschließlich auf die abstrakte aufsichtsrechtliche Erlaubnis für eines der in § 310 Absatz 1a Satz 2 BGB–neu– aufgeführten Geschäfte abgestellt werden. So soll vermieden werden, dass Vertragspartner die Art der von Ihnen tatsächlich getätigten Geschäfte offenlegen müssen. Denn dies wäre nach der Fassung des RegE erforderlich gewesen, damit der Verwender prüfen kann, ob die Bereichsausnahme einschlägig ist.
Durch die vom BT-Finanzausschuss eingefügte Erweiterung in § 310 Absatz 1a Satz 4 Nummer 5 BGB–neu– sind nun neben der in Nr. 1 genannten Bundesbank auch die Zentralbanken des EWR und die Bank of England erfasst.
Weitere im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eingebrachte Verbesserungsvorschläge wurden jedoch nicht umgesetzt. So wurde unter anderem der Kreis der von der Bereichsausnahme erfassten Finanzunternehmen nicht auf Versicherungsunternehmen oder Verwahrstellen erweitert. Ebenso wenig wurde der äußerst begrüßenswerte Vorschlag zur Änderung der Übergangsvorschrift im EGBGB aufgegriffen. Dieser hätte es den Vertragspartnern ermöglicht, die Bereichsausnahme auch für bereits vor Inkrafttreten des ZuFinG abgeschlossene und nach dem Inkrafttreten fortgeführte Schuldverhältnisse zu vereinbaren, um so eine sinnwidrige und in der Praxis schwer abbildbare Aufspaltung der Vertragsbeziehungen zu vermeiden.
Die im Zuge des ZuFinG erfolgten Änderungen des AGB-Rechts stellen zwar nicht die vielerorts erhoffte, grundsätzliche Reform des AGB-Rechts im unternehmerischen Rechtsverkehr dar; im Rahmen ihres – zugegebenermaßen nicht immer einfach zu ermittelnden – Anwendungsbereiches ist jedoch davon auszugehen, dass die Bereichsausnahme zu mehr Rechtssicherheit bei der Vertragsgestaltung führt.
Restschuldversicherung
Hervorzuheben ist, dass nunmehr neue Regelungen im BGB und Versicherungsvertragsgesetz (VVG) eingeführt wurden, wonach sogenannte Kopplungsgeschäfte zwischen einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag und einem Restschuldversicherungsvertrag unzulässig sind. Hierzu wurde § 492a BGB, der bislang Kopplungsgeschäfte ausschließlich für Immobiliar-Darlehen verbietet, entsprechend erweitert. Das VVG wurde durch die Einführung einer sog. „Cooling-off“-Phase außerdem so geändert, dass zwischen dem Abschluss des Allgemein-Verbraucherdarlehens und dem Abschluss der darauf bezogenen Restschuldversicherung mindestens 7 Tage liegen müssen. Ansonsten wird der Restschuldversicherungsvertrag nichtig. Die CDU-Fraktion und einige Verbände haben Zweifel an der Europarechtskonformität (EU-Verbraucherkredit-Richtlinie) dieser Regelung geäußert.
Die neuen Regelungen sowohl im BGB als auch im VVG werden zum 1. Januar 2025 in Kraft treten und sind ausschließlich auf Restschuldversicherungen anzuwenden, die sich auf einen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag beziehen, der nach dem 1. Januar 2025 abgeschlossen wurden.
Steuerrecht
Final umgesetzt im ZuFinG wurde die bereits im RegE vorgesehene umfassende USt-Befreiung für die Verwaltung von AIF gem. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG. Die hierfür bisher erforderliche Prüfung der Vergleichbarkeit eines AIF mit einem OGAW entfällt ab dem 1. Januar 2024 vollständig.
Nicht umgesetzt hingegen wurde die im RegE vorgesehene Erweiterung der USt-Befreiung nach § 4 Nr. 8 lit. a und g UStG auf die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, d.h., auf die Verwaltungsleistungen eines Konsortialführers an die übrigen Konsorten im Rahmen eines offenen Konsortialkredites. Hiermit sollte die bislang unvollständige Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie nachgeholt werden. Vom Finanzausschuss gestrichen wurde die USt-Befreiung mit Verweis auf die angespannte Haushaltslage.
Energiewende für Investmentfonds
Die für die Fondsbranche (insbesondere die Immobilienfonds) sehr praxisrelevanten und lang erwarteten KAGB-Änderungen im Hinblick auf Investitionen in Erneuerbare-Energien-Anlagen wurden aus dem vom Bundestag und Bundesrat beschlossenen ZuFinG auf Empfehlung des Finanzausschusses des Bundestages auf den letzten Metern vollständig gestrichen. Laut Protokollerklärung in der Beschlussempfehlung haben sich die Koalitionsfraktionen im Finanzausschuss am 15. November 2023 darauf geeinigt, Maßnahmen zur Investition von Investmentfonds in Erneuerbare-Energien-Anlagen nun ganzheitlich im Zuge des Jahressteuergesetzes 2024 angehen zu wollen. Damit gemeint ist insbesondere das im Laufe des bisherigen Gesetzgebungsverfahrens vielfach kritisierte mangelnde Zusammenspiel der relevanten investment- und investmentsteuerrechtlichen Regelungen. Auch soll künftig geprüft werden, ob neben dem Erwerb von (nur) mit sog. Freiflächenanlagen bebauten Grundstücken auch andere Nutzungsarten wie Pacht oder Erbbaurechte zugelassen werden sollen. Die Karten werden damit nochmals neu gemischt. Die lang ersehnte Klärung von für die Fondsbranche in dem Zusammenhang wichtigen Rechtsfragen wird noch eine Zeit lang auf sich warten lassen.
Was jetzt?
Das ZuFinG wird nunmehr mit einigen Ausnahmen am 15. Dezember 2023 in Kraft treten. Vereinzelte Regelungen im WpÜG, EstG und UStG treten am 1. Januar 2024 in Kraft. Ab dem 1. Januar 2025 treten die neuen Regelungen zur Restschuldversicherung im BGB und VVG sowie einzelne Regelungen im eWpG in Kraft. Es bleibt abzuwarten, ob die neuen Regelungen tatsächlich die erhoffte Bewegung im Finanzmarkt bringen werden.