BaFin veröffentlicht FAQ zur Institutsvergütungsverordnung

Am 13. Juni 2024 veröffentlichte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die finale Fassung der Fragen und Antworten zur Institutsvergütungsverordnung (FAQ), nachdem die BaFin am 21. Juni 2023 einen diesbezüglichen Entwurf (FAQ-Entwurf) zur Konsultation gestellt hatte (vgl. unseren Blogbeitrag vom 23. Juni 2023 Fragen und Antworten zur Institutsvergütungsverordnung | Linklaters). Die FAQ sollen die 2018 seitens der BaFin veröffentlichte Auslegungshilfe ersetzen. Im Gegensatz zu dem FAQ-Entwurf beinhaltet die Vorbemerkung der finalen FAQ nicht mehr den Hinweis, dass die bisherige Auslegungshilfe weiterhin der Verwaltungspraxis der BaFin entspricht, insofern sie nicht durch die FAQ aktualisiert werden. Mithin handelt es sich bei dieser Veröffentlichung der finalen FAQ tatsächlich nicht mehr nur um eine Ergänzung der Auslegungshilfe, sondern um eine Ersetzung, sodass neben den FAQ als regulatorische Hinweise (nur) noch die Leitlinien der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) für eine solide Vergütungspolitik gemäß Richtlinie 2013/36/EU (EBA/GL/2021/04) dienen, die in die Verwaltungspraxis der BaFin übernommen wurden, soweit die FAQ diese nicht inhaltlich modifizieren.

Der folgende Beitrag beleuchtet die wesentlichen Aspekte der FAQ und die wichtigsten Unterschiede zu dem FAQ-Entwurf.

Variable Vergütung

Die FAQ präzisieren, welche Leistungen oder Bezüge als Vergütung im Sinne der Institutsvergütungsverordnung (IVV) angesehen werden und ob eine Vergütung als fix oder variabel einzuordnen ist. So gelten beispielsweise Prämien aus dem betrieblichen Vorschlagswesen und aus „Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter“-Programmen nicht als Vergütung. 

Konzernboni und Leistungsanerkennungsprämien stellen variable Vergütung dar und müssen daher die Anforderungen der IVV erfüllen. Hinsichtlich letzterer wird im Vergleich zu dem FAQ-Entwurf ausdrücklich klargestellt, dass diese nicht als Ausgleich für eine nicht voll erlangte, eigentlich vereinbarte variable Vergütung genutzt werden dürfen. Weiterhin sind Risikoträger (MRT) nunmehr ohne Einschränkung aus dem Empfängerkreis einer Leistungsanerkennungsprämie ausgeschlossen.

Leistungen zur betrieblichen Altersvorsorge gelten als Vergütung im Sinne der IVV, wobei es den Instituten obliegt zu prüfen, ob diese als variable oder fixe Vergütung einzuordnen sind. Nach den FAQ ist bei der Ermittlung von Pensionsrückstellungen der Rechnungslegungsstandard zugrunde zu legen, der von dem Institut auch für die Bilanzierung verwendet wird. Bei einer Bilanzierung nach IFRS können dabei im Falle einer 100%-igen Ausfinanzierung einer Direktzusage die erwarteten Erträge aus dem Planvermögen entsprechend den IFRS-Grundsätzen berücksichtigt werden. 

Negativer Erfolgsbeitrag

In Bezug auf den negativen Erfolgsbeitrag wurde konkretisiert, dass stets im Einzelfall zu prüfen ist, ob der Verstoß tatsächlich ein sittenwidriges oder pflichtwidriges Verhalten darstellt. Dabei wurden die in dem FAQ-Entwurf aufgezählten Beispiele für ein sittenwidriges Verhalten, nämlich Verstöße gegen einen selbstauferlegten Ehren- oder Ethikkodex des Instituts für das Verhalten gegenüber Kunden und Geschäftspartnern des Instituts sowie weitere schriftlich fixierte Verhaltensregeln für den Umgang der Mitarbeiter im Innenverhältnis, gestrichen. Dadurch wird betont, dass es maßgeblich auf eine Einzelfallabwägung anstatt auf eine schematische Anwendung ankommt. 

In diesem Sinne wurde auch die in dem FAQ-Entwurf vorgesehene Verpflichtung, dass sich Institute im Vorhinein in der Ausübung des Ermessens so weit als möglich durch Festlegung der Fälle von negativen Erfolgsbeiträgen zu binden haben, leicht abgeschwächt. Nach den FAQ müssen die Institute „lediglich“ transparent eine Orientierung geben, bei welchem Fehlverhalten (nicht abschließend) in jedem Fall ein negativer Erfolgsbeitrag eines bestimmten Schweregrads vorliegt.  

Environmental, Social & Governance (ESG)

Die FAQ legen fest, dass ESG-Risiken gemäß § 4 IVV in Vergütungssystemen Berücksichtigung finden müssen. Um eine Ausrichtung der Vergütungsparameter an den Geschäfts- und Risikostrategien sowie den gesetzten strategischen Zielen zu erreichen, sollen wesentliche Nachhaltigkeitsrisiken im Sinne von ESG-Risiken ebenfalls in den Vergütungssystemen zu berücksichtigen sein, beispielsweise durch die Festlegung bestimmter Nachhaltigkeitsziele als Vergütungsparameter. Hierbei ergibt sich im Vergleich zu dem FAQ-Entwurf keine Neuerung. 

Abfindungen

Die FAQ sehen vor, dass bei Abfindungen vor allem der Vereinbarungszeitpunkt, der Auslöser und der Umfang, was die Leistungsdauer und Leistungshöhe betreffen, zu betrachten sind. Im Vergleich zu dem FAQ-Entwurf ist dabei besonders hervorzuheben, dass die Institute bis zum Ausscheiden des Mitarbeiters hinsichtlich nicht privilegierter Abfindungen sicherstellen müssen, dass (gravierende) negative Erfolgsbeiträge Berücksichtigung finden und bei Vorliegen die Abfindungsansprüche gekürzt oder ersatzlos gestrichen werden. Demgegenüber sah der FAQ-Entwurf vor, dass negative Erfolgsbeiträge auch in Bezug auf privilegierte Abfindungen berücksichtigt werden und dass Institute durch vertragliche Vereinbarung gewährleisten müssen, dass mit Wirkung für die Zukunft Abfindungsansprüche gekürzt oder ersatzlos gestrichen werden können. Im Vergleich zum FAQ-Entwurf, wurde außerdem die Empfehlung, bei gravierenden negativen Erfolgsbeiträgen des Vergütungsempfängers, die den letzten zwölf Monaten vor Fälligkeit der ersten Leistung aus der Abfindungsvereinbarung zuzuordnen sind, eine vollständige Streichung vorzunehmen, ersatzlos gestrichen. 

Außerdem wurde klargestellt, dass die in § 5 Abs. 6 S. 5 Nr. 1 Buchstaben a) bis d) IVV genannten Abfindungen jeweils eigene Fallgruppen bilden. Im Übrigen weisen die FAQ im Vergleich zu dem FAQ-Entwurf nur geringfügige Änderungen auf. 

Bonuspool

Im Hinblick auf § 7 IVV ist es, wie auch nach dem FAQ-Entwurf, unzulässig, die Prüfung der Kriterien nur vor oder zu Beginn einer Bemessungsperiode vorzunehmen. Die Prüfung muss auf Basis der zum maßgeblichen Geschäftsjahresende im Jahresabschluss attestierten Zahlen erfolgen. 

Allerdings sieht die Neufassung im Gegensatz zu dem FAQ-Entwurf davon ab, dass die Zahlung einer variablen Vergütung unter dem Vorbehalt der Zurückzahlung zu erfolgen hat, sofern diese vorab geleistet wird. Wie bei den Abfindungen wird daher nicht mehr vorgeschrieben, dass vertragliche Vorbehalte mit den Mitarbeitern zu vereinbaren sind. 

Besondere Vergütungsanforderungen für Risikoträger (MRT)

Die FAQ erläutern die besonderen Anforderungen an die Vergütung für MRT. So werden die Kriterien für einen vollständigen Verlust der variablen Vergütung nach § 18 Abs. 5 S. 3 IVV konkretisiert. Gemäß den FAQ ist Voraussetzung für den vollständigen Verlust der variablen Vergütung, dass der MRT durch sein Verhalten oder seine Entscheidungen eine Gefahr geschaffen oder erhöht hat, die sich in einem eingetretenen Misserfolg realisiert hat. Dabei muss der MRT mindestens mit grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz gehandelt haben, wobei in extremen Ausnahmefällen aufgrund der Erheblichkeit des Verlustes kein Verschulden des Risikoträgers vorgelegen haben muss. Von einem erheblichen Verlust im Sinne des § 18 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 IVV ist auszugehen, wenn (i) die Erwartung des Verlusts eine Ad-hoc-Mitteilung gemäß Art. 17 MAR auslöst, (ii) der unerwartete Verlust mindestens 1,0 Prozent des vom Institut tatsächlich vorgehaltenen regulatorischen Eigenkapitals entspricht und der MRT zu einem Exposure, dem ein unerwarteter Verlust von mindestens 1,0 Prozent des Eigenkapitals zuzuordnen ist, durch zumindest grobe Fahrlässigkeit maßgeblich beigetragen hat, oder (iii) stets, d.h. auch ohne Verschulden, wenn der (erwartete und unerwartete) Verlust mindestens 5,0 Prozent des tatsächlich vorgehaltenen regulatorischen Eigenkapitals beträgt. Der Schwellenwert für die Erheblichkeit eines Verlusts kann sowohl durch mehrere Verluste, die einem Bemessungszeitraum zuzuordnen sind, als auch durch einen einzelnen Verlust erreicht werden. 

Im Zusammenhang mit § 18 Abs. 5 S. 3 IVV wird in den FAQ klargestellt, dass bei Geschäftsleitern mit einem Bemessungszeitraum von mindestens drei Jahren (vgl. § 19 Abs. 1 S. 3 IVV) bei einem gravierenden negativen Erfolgsbeitrag die variable Vergütung für alle drei Bemessungszeiträume, die das Jahr umfassen, in denen der gravierende negative Erfolgsbeitrag aufgetreten ist, zu streichen ist.

Bei der Einordung, ob ein sitten- oder pflichtwidriges Verhalten vorliegt, das eine mindestens teilweise Reduzierung oder sogar einen zwingend vollständigen Verlust der variablen Vergütung nebst Rückforderung bereits ausbezahlter Bestandteile rechtfertigen würde, wird auch bezüglich der Anforderungen der MRT nunmehr darauf verzichtet, dass die Ermessensausübung der Institute soweit als möglich vorab gebunden wird. Auch hier wird es anders als noch nach dem FAQ-Entwurf als ausreichend erachtet, wenn die Institute sich in den eigenen Organisationsrichtlinien transparent eine Orientierung geben, bei welchem Fehlverhalten (nicht abschließend) in jedem Fall ein negativer Erfolgsbeitrag eines bestimmten Schweregrades vorliegt.

Eine weitere Änderung im Vergleich zu dem FAQ-Entwurf wurde im Hinblick auf § 19 Abs. 1 S. 1 IVV aufgenommen. Der Grundsatz, dass alle drei Betrachtungsebenen (Institut, Gruppe, Organisationseinheit) annähernd gleich gewichtet werden sollen, bleibt bestehen. Sofern aber von einer gleichgewichteten Berücksichtigung abgewichen wird, sind die zugrundeliegenden Gründe zu dokumentieren. Solche Abweichungen sind insbesondere in Abhängigkeit von der Organisationsstruktur und Stellung des Risikoträgers im Institut bzw. der Gruppe denkbar. 

Vergütungsbeauftragter und Berichte

In den FAQ wird die Rolle des Vergütungsbeauftragen spezifiziert. Schon in dem FAQ-Entwurf wurde festgelegt, welche Kenntnisse im Bereich des Risikocontrollings der Vergütungsbeauftragte eines bedeutenden Instituts haben und welche Mindestanforderungen der nach § 12 IVV geforderte Vergütungskontrollbericht aufweisen muss. Auch besagte der FAQ-Entwurf bereits, dass für den Fall, dass ein Vergütungsbeauftragter nicht exklusiv für diese Tätigkeit beschäftigt wird, festgelegt werden muss, dass der Arbeitsanteil mindestens 50 % der Sollarbeitszeit beträgt. 

Bezüglich des letzten Punktes spezifizieren nunmehr die FAQ, dass darunter auch Ausgestaltungen fallen, bei denen der Vergütungsbeauftragte zwar exklusiv, aber nicht in Vollzeit tätig ist. Zu beachten ist weiterhin, dass Ausnahmen von der 50 %-Anforderung insbesondere für Vergütungsbeauftragte in Instituten mit Vergütungssystemen gelten, in denen nur eine moderate variable Vergütung von höchstens EUR 50.000 p.a. für Risikoträger unterhalb der Geschäftsführung vorgesehen ist.

Eine weitere maßgebliche Änderung wurde in Bezug auf die Stellvertreter des Vergütungsbeauftragten vorgenommen. Während es in dem FAQ-Entwurf noch hieß, dass eine gleichzeitige Wahrnehmung durch mehrere verantwortliche Personen nicht angemessen ist, kann der Vergütungsbeauftragte nunmehr ausdrücklich Aufgaben an seinen Stellvertreter und auch andere fachkundige Mitarbeiter übertragen, solange die Gesamtverantwortung bei ihm verbleibt. 

Sonstiges

Neben den bereits genannten Änderungen gegenüber dem FAQ-Entwurf wurden durch die FAQ im Wesentlichen nur noch kleinere Anpassungen vorgenommen. So wurden insbesondere Definitionen angepasst und Beispiele konkretisiert, z.B. wurde das „Ruhegehalt“ als vorgezogenes Übergangsgeld vor Erreichen der Regelaltersgrenze definiert. 

Ausblick

Für Institute ist von besonderer Bedeutung, dass die durch die FAQ geschaffenen Erleichterungen unverzüglich nach ihrer Veröffentlichung angewendet werden können. Wenn aufgrund der FAQ Umstellungen der Vergütungssysteme nötig werden, gilt allerdings eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2025.